Neun Monate im Jahr ziehen sie über die Savannen südlich der Sahara, drei Monate widmen sie sich der Jungenaufzucht. «Mbwa mwitu» – Buschhunde auf Suaheli – kommen zwar noch in einigen Ländern wie Kenia, Tansania, Simbabwe, Sambia, Botswana und Südafrika vor, aber nirgends mehr in grosser Zahl. Ihnen zu begegnen ist daher reines Glück, es sei denn, man kennt den Standort ihrer Jungenhöhle.
Rudel in Sicht
«Tazama, look, look – masikio!» Husseni stösst mir den Ellbogen in die Seite und bremst abrupt. Wir sind noch keine fünf Minuten im Tarangire-Nationalpark unterwegs und eigentlich auf dem Weg ins Camp. Ich folge mit den Augen der ausgestreckten Hand unseres Guides und kann fast nicht glauben, was er sagt und was ich jetzt auch sehe. Masikio heisst auf Suaheli Ohren, und Ohren sind hier die augenfälligen Markenzeichen der Hyänenhunde. Die wilden Hunde haben in der Tat derart auffällige grosse, runde Ohren, dass diese geradezu zum Symbol für ihre Träger geworden sind. Oft sind die Ohren das erste und manchmal auch das einzige, was man von ihnen zu sehen bekommt – dann nämlich, wenn sich die Mbwa mwitu, wie ihr Name sagt, in den Busch zurückgezogen haben und buchstäblich nur noch die Ohren herausschauen, wie heute zum Beispiel. Kein Zweifel: Da drüben, im Grünsaum des Galeriewalds bewegen sich flaumige Ohren, lauschen herüber zu uns und wollen herausfinden, wie gefährlich wir sind.
Mehr bekommen wir von den Hyänenhunden im Moment nicht zu sehen. Da wir offenbar wenig bedrohlich scheinen, schlafen sie ruhig weiter, und wir beschliessen in einer halben Stunde wiederzukommen. Derweil bleibt unser Begleitfahrzeug hier mit dem Auftrag, uns per Funk zurückzubeordern, sollten die Ohren doch noch Köpfe, Leiber und Beine bekommen. Dass wir schon so kurz hinter dem Parkeingang, zwischen Hauptpiste und Tarangire River, über ein Rudel Hyänenhunde «gestolpert» sind, ist pures Glück. Hyänenhunden zu begegnen ist theoretisch fast überall möglich – praktisch hingegen fast nirgends. Meist bekommt man eine Safari lang nicht nur keine Ohren, sondern auch keine Schwanzspitze von ihnen zu sehen. Da sie ein Dreivierteljahr lang nomadisch leben, können sie heute hier und morgen schon weit fort sein.
Junge hat «unser» Rudel zurzeit nicht, wie wir eine Viertelstunde später feststellen. «Wanatembea» – sie spielen und rennen – meldet der Wachposten. Husseni ist schon auf dem Weg, bevor sein Kollege den Satz fertig hat. In der Tat: Über ein Dutzend Wildhunde mit gelben, rostbraunen und weissen Flecken auf dunklem Fellgrund stehen im weizenfarbigen, trockenen Steppengras. Dieser Fleckenzeichnung, die jedes Tier individuell kenntlich macht, verdanken die Hyänenhunde ihren wissenschaftlichen Namen Lycaon pictus, gemalter Wolf. (…)
Den vollständigen Beitrag finden Sie im SHM 9/20.