Gemietetes Glück – für wen?

Mit grosser Medienpräsenz wird in Deutschland ein neuer Service propagiert: das Mieten von Hunden. Was ist davon zu halten?

Text: Andreas Krebs

Teilen, leihen, tauschen, verschenken – derzeit entstehen viele Angebote gemeinschaftlichen Konsums. Was bei Autos, Rasenmähern und Kunstwerken ökonomisch und ökologisch sinnvoll ist, wird bei Lebewesen zum Problem: Hunde, Katzen und Co. können nicht beliebig hin- und hergeschoben werden. Ein Tier ist ein Mitgeschöpf und keine Sache, die man verleiht und bei Nichtgefallen oder Unpässlichkeit kurzerhand zurückgibt. Gerade Hunde brauchen Bezugspersonen, auf die sie sich verlassen können. Sonst geht die Beziehung vor die Hunde – was dem Hund schadet und auch für Menschen gefährlich werden kann. Dennoch berichten seit Anfang Jahr zahlreiche Medien in Deutschland erstaunlich unkritisch von einem neuen Trend, der aus den USA via Grossbritannien nun auch in Deutschland angekommen ist: Das Geschäftsmodell «rent a dog» wird als Alternative zum «unflexiblen Kaufmodell» gefeiert.

Rundum-Service für 150 Euro

Ausgelöst hat die Artikelflut Katrin Rösemeier, Gründerin und Geschäftsführerin von «BlueBello», dem ersten derartigen Dienstleister in Deutschland. Seit September 2013 vermietet die aus der Werbebranche kommende Jungunternehmerin Hunde an ältere Menschen. Nun ist sie in die Medienoffensive gegangen. Seit Tierschützer gegen das Vermieten von Hunden protestiert haben, redet sie nicht mehr von Miethunden, sondern von «Partnerhunden auf Zeit». Sie selbst bezeichnet ihre Arbeit als eine «Art Tierschutz». «Die Hunde kommen alle aus Familien, in denen sie nicht mehr erwünscht waren. Wir fangen sie vor dem Tierheim auf.» Zunächst werden die «Abgabehunde» in Rösemeiers Rudel integriert. «Im Schutz des Rudels werden sie wieder gepflegt und aufgepäppelt.» Dann werden sie, tierärztlich rundum versorgt, gegen eine Grundgebühr von bis zu mehreren hundert Euro, je nach Ausbildungsstand des Hundes, und einer monatlichen Gebühr von 150 Euro vermietet. Hinzu kommt die Hundesteuer. Inbegriffen im Mietpreis sind Haftpflicht- und OP-Versicherung, Ferien-Service, Hundesteuer und Futterlieferung. Letzteres biete ihr und ihren sechs ehrenamtlichen Helferinnen eine Kontrollmöglichkeit, sagt Rösemeier. «Das Wohl der Hunde liegt uns genauso am Herzen wie das Wohl der Senioren.»

Folgenlose Verfügbarkeit

Der Gesellschaftsforscher Stephan Grünewald vom Kölner Rheingold-Institut hält die Idee des Miethundes für eine «logische Fortsetzung des Sharing-Grundgedankens». «Wir erleben einen Paradigmenwechsel, bei dem der verantwortungsvolle Besitz in konsequenzlose Verfügbarkeit umgewandelt wird», sagt er. Alles werde heute geteilt. Das Gefühl der kompletten Verfügungsgewalt bekomme aber spätestens dann einen Knacks, wenn der Leih-Hund auch mit anderen Herrchen oder Frauchen Gassi gehe. Grünewald ist überzeugt: «Die psychologische Kehrseite des Ganzen ist die Austauschbarkeit.»

Rösemeier hingegen betont den positiven Nutzen für Mensch und Tier. Die Hunde sollen «ein Stück Lebensqualität gegen die Einsamkeit im Alter sein, aber ohne die bange Sorge, was mit Fiffi im Falle eines längeren Krankenhausaufenthalts passiert».

Lesen Sie den ganzen Artikel von Andreas Krebs im Schweizer Hunde Magazin 3/2015.

geschrieben von:
Andreas Krebs

Andreas Krebs

Bevor er laufen konnte, beobachtete Andreas Krebs vor allem Schnecken, Käfer und Ameisen. Bald faszinierten ihn auch schnellere Tiere wie Katzen und Hunde. Heute ist er Journalist und schreibt vor allem Reportagen und Porträts über Themen aus den Bereichen Umwelt und Gesellschaft. So will er dem Leser die Wechselwirkung Mensch-Natur-Mensch bewusst machen. Ausserdem schreibt Andreas Krebs Biografien. www.aufrad.ch

5 Kommentare zu “Gemietetes Glück – für wen?

  1. Karin G.

    Guten Abend

    Davon halte ich gar nichts. Denn, schliesslich sind Tiere keine Sachen, die einfach hin und her geschoben werden können. Als wenn die Tiere nicht schon genug bei Nichtgefallen weitergegeben, oder einfach entsorgt werden.

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  2. Peter Aeberhard

    Gemietetes Glück – für wen?
    Wir haben seit Jahrzehnten Hunde . Meine Frau und ich sind jetzt beide über 80; unser jetziger Hund wird im Mai 13 und hat – wie wir beide – auch schon ein paar altersbedingte Probleme. Wir hoffen, dass er uns noch einige Zeit erhalten bleiben wird.
    Würden wir nochmals einen Hund anschaffen? Kaum, wir haben Bedenken, denn die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass der neue Hund uns überleben würde, und was wird dann aus ihm? Würde er nochmals ein gutes „Plätzli“ finden und sich dort gut einleben?
    Aus dieser Optik betrachtet, scheint ein „Partnerhund auf Zeit“ auf den ersten Blick das Ei des Kolumbus zu sein; alle oben geäusserten Bedenken weggewischt!
    Ich zweifle nicht daran, dass Frau Rösemeier es gut meint, aber genauer betrachtet zeigt sich bereits ein Widerspruch, wenn man sich fragt, wie die Aussage „Unser Hund ist Ihr Hund und soll bei Ihnen auf Lebenszeit verweilen“ mit dem Geschäftsmodell eines „Partnerhundes auf Zeit“ zu vereinen ist? So gut die Sache auch gemeint ist, es handelt sich um ein GESCHÄFTSMODELL, ein Angebot, das, wenn es Erfolg hat, bald auch andere und wahrscheinlich weniger seriöse und weniger auf das Hundewohl bedachte Anbieter auf den Plan rufen wird, und dann werden wir genau die Situation haben, die wir auf keinen Fall haben möchten. Nein, Hunde sind keine Sachen und dürfen nicht Mietobjekte sein!

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  3. Nadine

    Habe den Artikel über die hundevermietung gelesen und bin sehr enttäuscht von röselmeier, sie sieht in meinen Augen zuerst das Geld, dann die älteren Menschen und der Hund? Ach ja, das Ding wird ja wie eine bormaschine hin und her geschoben, klar. Früher hatten wir noch tamagotschies oder Puppen. Aber ein Hund ist ein Lebewesen, welches in meinen Augen nicht hin und hergeschoben werden darf! Der kriegt dich nur Verlustzone! Auch nicht zur Freude von älteren Menschen. Schade gehen diese nicht ins tierheim und holen sich da ein Hund zum spazieren. Schade, dass das Tier wieder zur Ware wird.

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  4. Felix Zang

    Das Wohl des Hundes steht hier bei diesem Sharingmodell schon ein wenig außen vor, oder?
    Der Hund ist im Regelfall psychisch vorbelastet, wird deshalb abgegeben weil nicht handlebar, die Frau Röselmeier „peppelt“ ihn in ihrem Rudel so „gut“ auf, dass man ihn hin- und herreichen kann, ohne dass der Hund psichisch instabil wird? Meine beiden Hunde verkraften es ganz okay, wenn wir mal ein paar Tage weg sind und sie bei Oma – die sie gut kennen und mögen – unter kommen. Aber Wochenweise bei einem neuen Fremden unterkommen, jeder behandelt einen anders, mal mehr verhätscheln, mal strenger, da blickt der Hund ja gar nicht mehr durch.
    Im Sinne des Tierschutzes sollte bei sowas zuerst an den Hund gedacht werden und dann stellt man sehr schnell fest, dass man sowas einem Tier nicht zumuten sollte. Klar ist es schlimm für den Hund im Tierheim zu landen, aber da hat er wenigstens die Chance eine neue Familie zu bekommen, bei der er dauerhaft glücklich bleiben kann. Solch eine Chance bleibt ihm hier verwährt…
    Meine beiden sind aus dem Tierschutz, Josie (Angsthündin) war ca. ein halbes Jahr im Tierzentrum ohne das sie jemand wollte, wir haben uns sehr sehr lange Gedanken gemacht ob wir mit ihr klar kommen und ihr das bieten können was sie braucht. Andere kommen „oh gugg mal die, die zittert, das arme Ding nehmen wir“ und zwei Wochen später wird sie zurück gebracht, weil man mit dem Hund ja innerhalb der ersten 1-2 Jahre nix anfangen kann.
    Das ist keine verantwortungsvolles Handeln…
    Dann lieber ein großes Rudel halten und Senioren erlauben mal mit dem einen oder anderen Racker Gassi zu gehen… Oder mal in einer Spielstunde sich anzufreunden.

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  5. Barbara

    Das finde ich verantwortungslos – vor allem den Hunden gegenüber. Tiere sind keine Sachen – steht sogar seit nicht allzu langer Zeit im Tierschutzgesetz! Dies ist ein Geschäftsmodell zu Lasten der Hunde – eines mehr! Natürlich kann man (gerade heutzutage) alles mit irgendwelchen Marketingargumenten zu rechtfertigen suchen. Oft scheinen diese – gerade wenn es ‚gutes Marketing‘ ist – auf den ersten Blick einleuchtend. In diesem Fall ist es aber, um bei der entsprechenden Sprache zu bleiben, wieder einmal nur für die Menschen eine ‚win-win‘-Situation. Die einen verdienen und die anderen können ohne Verpflichtungen und die entsprechende Verantwortung tragen zu müssen ihre Neigungen befriedigen.
    Zusätzlich ist eine Vermietung von Lebewesen nicht mit deren Bedürfnissen in Einklang zu bringen. Hunde sind soziale Wesen und benötigen anderes und viel mehr als herumgereicht zu werden.
    Das Bedürfnis älterer Menschen nach Kontakt und Zuneigung zu/von einem Hund kann ich sehr gut verstehen – das kann aber z.B. durch die Entlastung von Tierheimen und ihren Mitarbeitenden, sprich z.B. mit den Hunden spazieren zu gehen oder sich auch mal übers Wochenende um sie zu kümmern abgedeckt werden. Oder sogar, dass sich grauwerdende Haare mit grauen Schnauzen aus dem Tierheim zusammen finden. Verantwortungsbewusste Menschen und Tierheime finden da bestimmt auch individuelle Lösungen.

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