Schweizer Hunde Magazin

Rassentypische Verhaltens- und Hormonprobleme beim Retriever

Die «vielseitigen» Retriever 

Die Gedanken an die Retrieverrassen lösen bei Hundehaltern eine ganze Reihe oft widersprüchlicher Eindrücke und Erwartungen aus. Während die einen, vorwiegend jagdlich Interessierten an sehr gut arbeitende Apportierhunde denken, die schon bei kleinsten Hinweisen und Handzeichen zielsicher die Beute beziehungsweise das Dummy aus dem dichtesten Gestrüpp holen, denken andere an gut arbeitende Behindertenbegleithunde, die ihrem menschlichen Partner im Alltag in vielerlei Weise das Leben erleichtern.

Text: Udo Ganslosser und Sophie Strodtbeck

Manche aber denken auch an verfettete, distanzlose Hunde, die auf der Hundewiese nicht nur der Schrecken vieler ihrer vierbeinigen Artgenossen sind, sondern in ihrer manchmal penetranten Art auch Zweibeiner auf harte Geduldsproben stellen.

Alleine die Tatsache, dass in der Wahrnehmung der hundeinteressierten Öffentlichkeit das Bild der Retriever meistens nur von zwei Rassen bestimmt wird, zeigt, wie unterschiedlich die Wahrnehmung und die Realität dieser interessanten Rassegruppe doch sind. Zur Gruppe der Retriever gehören insgesamt sechs Rassen, von denen zumindest drei so weit verbreitet sind, dass sie in der Budapester Vergleichsstudie mit eigenen Punktewertungen erfasst wurden.

Labrador Golden Retriever Flat Coated Retriever
Gelassenheit 36 44 27
Trainierbarkeit 26 56 13
Geselligkeit mit Hunden 14 16 10
Extrovertiertheit 13 36 5

 

Bemerkenswert ist bereits hier, dass die Rassen in dieser Tabelle zumindest in einigen Bereichen sehr unterschiedliche Werte erzielen. Allgemein gültig ist bei ihnen dagegen die Geselligkeit mit Hunden. Dies war auch in der Rassengeschichte nötig, da ein Jäger oft mit mehreren Jagdkollegen, bisweilen auch mit mehreren Apportierhunden gemeinsam unterwegs war.

Retriever wurden seit jeher auf enge Kooperation mit dem Menschen gezüchtet. Dies zeigen nicht nur ihre Leistungen gerade als Behindertenbegleithunde oder auch die oft hervorragenden Leistungen beim Apportieren. Auch in mehreren wissenschaftlichen Studien wurde belegt, dass Retriever, ähnlich wie die im letzten Beitrag besprochenen britischen Hütehunde, besonders gut auf Zeigegesten des Menschen reagieren und sich dadurch ihre Informationen etwa über verstecktes Futter holen. Andererseits aber neigen sie ähnlich wie die Hütehunde auch dazu, bei unlösbaren Aufgaben sehr viel schneller aufzugeben und Hilfe vom anderen Ende der Leine anzufordern. Selbstständig arbeitende Rassen, wie etwa Herdenschutzhunde oder Bauhunde (Dackel, Kleinterrier), sind hier wesentlich hartnäckiger und versuchen, das Problem auch längere Zeit selbst zu lösen.

Von Zeigegesten und Schädelform 

In der Studie über die unterschiedliche Nutzung von Zeigegesten wurde noch eine zweite Linie der Analyse verfolgt. Neben der Rassengeschichte und den früheren Aufgaben dieser Hunde wurden die Ergebnisse auch noch mit der Schädelform in Beziehung gesetzt. Hierbei fiel auf, dass Hunde mit einem eher kurzen und breiten Schädel bei der Lösung der Zeigeaufgaben besser abschnitten als Hunde mit einem langen, schmalen Schädel. Ob dies nun mit dem grösseren Augenabstand und der damit verbesserten Fähigkeit zum räumlichen Sehen oder mit einer Vergrösserung der zwischen den Augen liegenden, für die Verarbeitung optischer Reize notwendigen Hirnregionen zusammenhängt, ist noch nicht vollständig geklärt. Wahrscheinlich aber ist es eher die letztere Erklärung.

Mit der Verkürzung und Verbreiterung des Schädels sind wir aber bereits bei einem der grossen Probleme der Retriever heute angekommen: Sie werden häufig als «Familienhunde» gezüchtet, und dabei wird unter anderem auch bei ihnen auf einen kurzen, breiteren Schädel mit hoher Stirn Wert gelegt. Schliesslich möchte man auch hier das Kindchenschema zum Ausdruck bringen.

Die Entwicklung zum Familienhund, bisweilen sogar zum Modehund, hat aber für die Retrieverrassen keineswegs nur positive Auswirkungen. Vielfach wird ja angenommen, dass ein Hund der sogenannten Show-Linie der bessere Familienhund wäre. Dies ist jedoch in den meisten Fällen nicht gegeben. Die Hunde der Show-Linie sind einfach schlechtere, manchmal sogar unbrauchbare Arbeitshunde. Sie wurden eben weitgehend unselektiert gezüchtet und keineswegs gezielt auf Familientauglichkeit ausgewählt. Zudem wird kein Hund als «Familienhund» geboren; es gibt Rassen, wie zum Beispiel die Retriever, die sich grundsätzlich gut als Familienhunde eignen, jedoch müssen auch diese entsprechend geprägt und sozialisiert werden. Aber auch ein Retriever wird kein glückliches Leben führen, wenn er nur an der Leine neben dem Kinderwagen hertrotten darf.

Auch dort, wo auf Anpassungsfähigkeit selektiert wird, stösst man oft auf das Phänomen: «Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht.» So muss sich bei der Zuchtprüfung im Deutschen Retriever Club (DRC) der Hund vom einem ihm völlig unbekannten Zuchtrichter widerspruchslos und ohne sich zu wehren auf den Rücken drehen lassen. Damit wird jedoch eine Selektion auf allgemein unterwürfig-submissives Verhalten, bisweilen aber auch auf eine damit verbundene soziale Distanzlosigkeit gefördert. Viele verantwortungsbewusste Retrieverzüchter sind übrigens aus diesem Grunde freiwillig aus dem Richteramt ausgeschieden, da sie den Sinn dieses Tests nicht einsehen und ihn daher nicht weiter verfolgen wollten.

Wer jagen muss, braucht Energie 

Auch die sprichwörtliche Verfressenheit der Retrieverrassen hat ihre Herkunft in der ursprünglichen Arbeitsgeschichte. Einerseits sind Apportierhunde, deren Tätigkeit ja aus einem Teil der Beutefanghandlung des Wolfs besteht, ohnehin darauf selektiert, möglichst alles erstmal in die Schnauze zu nehmen. Andererseits war es ihre Aufgabe, gerade bei der Wasservogeljagd auch im Winter geschossene Vögel aus dem Eiswasser zu holen. Dabei ist sicherlich eine schützende Speckschicht als Isolation von Vorteil. Zudem verbrennt der Körper bei dieser Tätigkeit Unmengen von Energie. Es ist also von Vorteil, hinterher möglichst schnell in grossen Mengen Futter zu sich zu nehmen und die aufgebrauchten Energievorräte zu ergänzen.

Es ist zu vermuten, dass bei diesen Hunderassen das sogenannte Leptinsystem an der Steuerung der Nahrungsaufnahme beteiligt ist. Leptin, ein Hormon, das in gefüllten Fettzellen und der körpereigenen Fettschicht produziert wird, wird normalerweise ins Gehirn gebracht und sorgt dort für eine natürliche Essbremse im Hirnstamm. Bei Labortieren, beim Menschen, bei Bären vor der Winterruhe und ansatzweise auch bei einigen anderen Tierarten wurde dieses feinfühlige Rückkopplungssystem bereits belegt. Sobald eine gewisse Menge an Fett angefuttert ist, wird über das Hormonsystem im Hirnstamm die Essbremse aktiviert. Es ist zu vermuten, dass rassentypische Gegebenheiten, etwa die Tendenz zum schnellen Anfuttern einer isolierenden Speckschicht, durch Veränderungen im Leptinsystem hervorgerufen wurden. Ein weiterer Risikofaktor im Leptinsystem liegt nun bemerkenswerterweise gerade im Schicksal der Retriever als Mode- und beliebte Familienhunde. Wegen der hohen Beliebtheit werden grosse Mengen von Welpen bisweilen auch von wenig verantwortungsvollen Züchtern, häufig sogar von sogenannten Massenvermehrern auf den Markt gebracht. Nachgewiesen ist, und das deckt sich auch mit unseren Ergebnissen in der Verhaltensberatung, dass gerade Hunde aus ungünstigen, unsicheren, langweiligen oder sonstwie schlecht geplanten Zuchtstätten eine Veränderung im Rückkopplungssystem des Leptins erfahren. Solche Tiere neigen dann später besonders zu Fettleibigkeit. Offensichtlich funktioniert die Essbremse bei ihnen nicht in gleicher Weise. Wir haben es also hier mit einer fatalen Mischung von individualgeschichtlichen und rassengeschichtlichen Risikofaktoren zu tun.

Die Folgen des Übergewichts sind dann medizinisch in vielfältiger Weise erkennbar. Stoffwechselkrankheiten, Verdauungsprobleme, Gelenkerkrankungen, ein höheres Risiko für Narkoseprobleme, aber auch ein höheres Risiko für Demenz im Alter sind die Folge. Es lohnt sich also durchaus, durch gezielt gesteuerte Fütterung, beispielsweise durch die Erhöhung des Faseranteils und Reduzierung des Fettanteils, die Nahrung des Retrievers so gestalten, dass er nicht völlig aus der Form gerät. Trotzdem muss auch hier wieder vor ungeplanten «FDH-Diäten» gewarnt werden. Trotz reduziertem Energiegehalt muss auf Ausgewogenheit der Nährstoffe, vor allem auf die sogenannten Mikronährstoffe (Vitamine, Spurenelemente, Mineralien) geachtet werden.

Und Bewegung ist sehr wichtig. Besonders vorteilhaft ist es, wenn diese Bewegung im Wasser stattfinden kann. Übrigens konnte dies, zumindest bei Labradoren, auch im Wahlversuch nachgewiesen werden: Man stellte die Hunde vor die Wahl, ob sie lieber mit einem Menschen, einem anderen Hund oder allein in einem Wasserbecken spielen wollten. Mit grosser Mehrheit entschieden sich die Hunde für das Spiel im Wasser. Diese Tendenz sollte der Hundehalter nutzen, auch wenn sein vierbeiniger Freund dann hinterher vielleicht nicht mehr perfekt gekämmt und herausgeputzt aussieht.

Dick sein macht krank

Eine Reihe anderer gesundheitlicher Risikofaktoren ist ebenfalls mit dem Thema Übergewicht direkt oder indirekt verknüpft. So finden wir eine rassenbedingte Anfälligkeit sowohl für Schilddrüsenunterfunktion als auch für Epilepsie. Im Falle der Epilepsie ist ein rezessiver Erbgang bereits belegt. Das bedeutet, dass ein gesund erscheinender Hund Überträger eines veränderten Chromosoms sein kann. Wenn dann der andere Elternteil ebenfalls verdeckter Überträger ist, entstehen mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit Welpen, bei denen die Krankheit ausbricht. Da Epilepsie wiederum bei Übergewichtigen, aber auch bei kastrierten, vor allem bei frühkastrierten Hunden mit besonders hoher Wahrscheinlichkeit auftritt, finden wir hier erneut eine Verknüpfung mehrerer Risikofaktoren. Denn gerade die sogenannten leichtführigen Familienhunde werden oft zur angeblichen Steigerung ihrer Anpassungsbereitschaft auch noch kastriert. Übrigens haben Kastraten auch eine höhere Anfälligkeit für eine Schilddrüsenunterfunktion.

Auch andere genetisch beeinflusste Verhaltensprobleme sind bei Retrievern nachgewiesen. So kann mit hoher Wahrscheinlichkeit die angstbedingte Aggression beim Golden Retriever sogar dominant vererbt werden. Das bedeutet, dass bereits ein Elternteil, der dieses Merkmal aufweist, allen seinen Nachkommen das gleiche Fehlverhalten weitergeben wird. In besonders dramatischen Fällen handelt es sich bei Aggressionsanfällen von Retrievern um die sogenannte Retrieverwut. Auch hier liegt eine genetische Ursache vor. Es handelt sich um einen geschlechtsgekoppelten Erbgang, das Merkmal sitzt also auf einem der beiden Geschlechtschromosomen. Ähnlich wie bei der menschlichen Bluterkrankheit oder bestimmten Formen menschlicher Rot-Grün-Blindheit befällt diese Erkrankung also vorwiegend das männliche Geschlecht. Genauso wie auch eine Frau rot-grün-blind sein kann, wenn von beiden Eltern ein verändertes Chromosom bei ihr ankommt, kann theoretisch auch eine Retrieverhündin an Retrieverwut erkranken. Statistisch gesehen tritt dieser Fall nur viel seltener auf, da normalerweise bei der Hündin ein gesundes Chromosom ausreicht, um die Erkrankung nicht ausbrechen zu lassen. Die Retrieverwut äussert sich in unkontrollierbaren und unvorhersagbaren Aggressionsanfällen, bei denen der betroffene Hund wahllos um sich beisst und nach wenigen Minuten aus einem scheinbaren tranceartigen Zustand wieder erwacht und genauso verwirrt ist wie sein möglicherweise gerade heftig gebissener Mensch. Es handelt sich hierbei um eine Störung im Serotoninhaushalt. Normalerweise wird das im Gehirn gebildete und freigesetzte Serotonin durch ein eigenes abbauendes Enzym (Monoaminooxidase, MAO genannt) wieder zerlegt. Bei der Retrieverwut fehlt dieses Enzym, es kommt also zu einer Anreicherung und zu starken Schwankungen des Serotoninspiegels. Dies wiederum löst die Wutanfälle aus. Derzeit gibt es keine Möglichkeit, diese Krankheit zu heilen. Betroffene Hunde müssen leider aus Sicherheitsgründen eingeschläfert werden. Es ist jedoch sehr wichtig, vor der Entscheidung alle anderen möglichen Ursachen für die unkontrollierten Wutanfälle auszuschliessen. Sowohl Epilepsie wie auch die Schilddrüsenunterfunktion können ebenfalls ähnliche Symptome hervorrufen, sind jedoch meistens medizinisch wesentlich besser behandelbar. Eine kompetente Ursachenabklärung ist daher von grösster Bedeutung.

Auch im Dopaminhaushalt, der als Selbstbelohnungs- und Lerndroge bezeichneten Substanz, gibt es bei Retrievern genetisch bedingte Unterschiede. Ein Botenstoff im Gehirn benötigt Rezeptoren oder Bindungsstellen, in die er passt wie ein Schlüssel ins Schloss. Gerade den Neurotransmitter Dopamin können wir uns als eine Art kleinen Generalschlüssel vorstellen, der mindestens ein halbes Dutzend verschiedener Bindungsstellen bedient und unterschiedliche Reaktionen hervorrufen kann. Eine bestimmte Variante dieser Bindungsstellen wird, wiederum genetisch beeinflusst, beim Labrador häufiger gefunden als beispielsweise beim japanischen Shiba Inu. Dass gerade diese beiden Rassen verglichen wurden, liegt sicher daran, dass eine japanische Arbeitsgruppe die Untersuchung durchgeführt hat. Ergebnis war jedenfalls, dass die genannte Rezeptorvariante, die sowohl mit Trainierbarkeit und Suchtentstehung gekoppelt ist, beim Labrador häufiger auftritt als beim Shiba Inu. Sie ist jedoch leider auch mit bestimmten Formen der Aggression gekoppelt. Die oft sprichwörtliche Gelehrigkeit, die Workaholic-Mentalität, der «will to please» (in der Zusammenarbeit mit dem Menschen diesem jeden Wunsch von den Augen abzulesen, nur um wieder etwas tun zu dürfen) und manche Formen der Aggressivität scheinen also genetisch miteinander verknüpft.

Die Farbe hat Einfluss auf das Verhalten

Gerade bei Labradoren und auch Golden Retrievern sind die Einflüsse der Farbgene auf das Verhalten und auf die Gesundheit bereits ausführlich untersucht. Durch eine genetische Koppelung beeinflusst dieselbe Genvariante die Ausbildung sowohl der rötlich bis gelblichen Pigmentvariante (Phaeomelanin) wie auch eine besondere Empfindlichkeit des Cortisol-Stresshormonsystems. Zusätzlich wird auch noch eine Komponente der Immunabwehr, das Beta-Defensin, bei dieser Genvariante abgeschwächt beziehungsweise verändert ausgebildet. Hellblonde bis gelblich gefärbte Labradore und Golden Retriever sind also besonders stressanfällig, neigen zu Unsicherheit und sind auch noch anfälliger für Infektionskrankheiten.

In einer australischen Studie an Labradoren zeigte sich, dass gold- beziehungsweise gelbfarbene besonders anfällig für Übersprungsverhalten waren und zu Stereotypien neigten. Die Hunde dieser Studie wurden, wie in Australien oft üblich, im Garten beziehungsweise im Hinterhof gehalten und hatten daher durchschnittlich nicht so viel Menschenkontakt wie unsere mitteleuropäischen Familienhunde. Nichtsdestotrotz zeigen auch die Ergebnisse dieser Untersuchung eine offenbar höhere Stressanfälligkeit der hellgefärbten gegenüber den dunkleren Farbvarianten.

Jedoch sind keineswegs nur Aggressionsprobleme, Stressanfälligkeit und neurologische Erkrankungen genetisch bedingt. Gerade weil die Retriever-Zuchtverbände schon seit jeher ausgedehnte Verhaltensüberprüfungen mit in die Zuchttauglichkeitsprüfung eingebaut haben, gibt es auch in mehreren Ländern umfangreiche Daten zur Erblichkeit von Verhaltensmerkmalen allgemein.

Um die Ergebnisse dieser Studien verstehen zu können, muss jedoch der Begriff der Erblichkeit im Sinne der Züchtungsgenetik eindeutig definiert werden. Der Faktor Erblichkeit gibt an, wie viel Prozent des Unterschieds zwischen den getesteten Tieren einer Generation, einer Rasse oder einer anderen Versuchsgruppe bereits vorhersagbar sind, wenn man die Ergebnisse der Eltern und Grosseltern im selben Test kennt. Für die meisten Verhaltensmerkmale liegen die Erblichkeiten sehr niedrig, Werte zwischen 1 und 15 Prozent sind am häufigsten. Für einige übergeordnete Verhaltensmerkmale, etwa die Persönlichkeitseigenschaften Trainierbarkeit, Geselligkeit oder Extrovertiertheit, liegen die Werte meist im Bereich um die 20 – 25 Prozent. Speziell für Labradore wurde beispielsweise die Konzentrationsfähigkeit mit 28 Prozent und die Führbarkeit mit 22 Prozent Erblichkeit bestimmt. Demgegenüber sind Misstrauen nur mit 10 Prozent, Ablenkbarkeit durch andere Hunde mit 8 Prozent, die Nervenstärke aber mit 58 Prozent Erblichkeit belegt.

Dies zeigt bereits, dass die Umwelt auch bei Gebrauchshunderassen einen wesentlichen Einfluss auf die Ausbildung bestimmter Verhaltenseigenschaften hat. Umso mehr gilt es dann, wenn die Selektion auf bestimmte Verhaltensmerkmale auch noch gelockert und abgeschafft wird und die betreffende Hunderasse zum reinen Familienhund, eventuell sogar mit massenhafter Vermehrung umfunktioniert wird.

Aufschlussreich ist auch ein Vergleich verschiedener Hunderassen im behördlich vorgeschriebenen Verhaltenstest im deutschen Bundesland Niedersachsen. Dieser Test, der unter anderem auch die Aggressionsbereitschaft in der Konfrontation mit fremden Menschen, mit anderen Hunden und sonstigen Testsituationen überprüft, wurde in einer Vergleichsstudie mit Angehörigen verschiedener sogenannter Listenhunderassen und dem Golden Retriever als scheinbar aggressionsärmeren Familienhund durchgeführt. Es ergab sich kein statistisch nachweisbarer Unterschied im Aggressionsverhalten zwischen dem Golden Retriever und Bullterriern, Rottweilern und Staffordshire Bullterriern.

Da gerade die Angehörigen der letztgenannten Rassen oftmals zu Unrecht einer besonders hohen Aggressivität beschuldigt werden, informieren wir Sie im nächsten Teil unserer Serie über deren rassenbedingte Verhaltenseigenschaften und mögliche Probleme.