Schweizer Hunde Magazin

Der Australian Cattle Dog – Die roten und blauen Powerpakete von «Down Under»

Der Australian Cattle Dog – wenige Hunderassen polarisieren so wie er. Die einen finden ihn schön, den anderen gefällt er gar nicht. Was steckt in dieser athletischen Arbeitsrasse und zu welchen Menschen passt dieser spezielle Hund?

Text: Verein für australische Treib- und Hütehunde (VATH)
Fotos: Eva Holderegger-Walser

Steckbrief

Bezeichung: Australian Cattle Dog

Herkunft: Australien

Risthöhe Rüden: 46–51 cm, Hündinnen : 43–48 cm

Gewicht: 17–25 kg

Farben: blau (mit Loh-Abzeichen) und rot in Varianten

Haar glatt und bildet ein doppeltes Haarkleid mit kurzer, dichter Unterwolle

Lebenserwartung: 12–15 Jahre

Wesen: vom Schmuser bis zum Dominanzstreber • intelligent • auf seine Bezugsperson fixiert • zeigt Emotionen mehr als andere Rassen • kann Territorialverhalten zeigen • reserviert gegenüber Fremden • kann im Umgang mit Artgenossen anstrengend sein • hat «lustige» Ideen

Geschichte

Blue Heeler, Red Heeler, Queensland Heeler, das waren die ersten klangvollen Namen der Australian Cattle Dogs (ACD), um deren Entstehung sich viele spannende Geschichten und Mythen ranken.

Dokumentiert ist, dass der Grossgrundbesitzer und Rinderzüchter Thomas Hall (New South Wales) blau getüpfelte Drover Dogs, eine Art Collie, aus Nordengland importierte und diese Anfang 1830 mit dem einheimischen Dingo kreuzte. Etwa zehn Jahre später war die Rasse etabliert und bekannt unter dem Namen «Hall’s Heeler». Diese harten, genügsamen Arbeitshunde konnten halbwilde Rinderherden unter unangenehmsten klimatischen Bedingungen Hunderte von Kilometern durch schwierigstes Gelände treiben. Die Hall’s Heeler waren auch treue, unbestechliche Wächter und so wertvoll, dass die Familie Hall bis zum Tode von Thomas Hall im Jahre 1870 keine Hunde an andere Rindertreiber verkaufte. Später gab es weitere Einkreuzungen in die Hall’s Heeler (z. B. Kelpie), ob auch mit Dalmatinern, wird heutzutage in Frage gestellt.

1903 verfasste der Journalist und Hundezüchter Robert Kaleski den ersten ACD-Standard, worin er das Erscheinungsbild des ACD als das eines kleinen, untersetzten blauen Dingos beschrieb. Der Standard wurde bis heute erst zweimal minimal abgeändert unter anderem wurden die roten Cattle Dogs erst später dazu genommen.

Charakter

Aussagen, wie beispielsweise, der Blue Heeler sei der beste Freund des Mannes im Busch oder ein Cattle Dog ersetze mehrere berittene Männer, zeigen auf, welch hohen Stellenwert diese agilen und ausdauernden Arbeitshunde für die damaligen Siedler hatten.

Die Rinderbarone selektierten früher nur die besten Treibhunde und die unbestechlichsten Wächter. Da diese Merkmale auch heute noch zu finden sind, ist diese Rasse für unerfahrene Hundehalter nicht zu empfehlen.

Allerdings ist es nicht ganz einfach, den ACD zu beschreiben, weil es vom pflegeleichten Schmusehund bis zum anspruchsvollen «Dominanzstreber» die ganze Bandbreite gibt. Eine Eigenschaft haben Cattle Dogs jedoch gemeinsam: Sie leben sämtliche Emotionen etwas stärker aus als andere Hunde!

Diese Arbeitsrasse braucht viel Bewegung und möchte gerne beschäftigt werden. Mit ihrem funktionellen Körperbau und der wachen Intelligenz können Cattle Dogs problemlos für die meisten Hundesportarten begeistert werden.

Der ACD wird auch liebevoll Velcro- oder Schattenhund genannt, weil er dann am glücklichsten ist, wenn er bei seinem Menschen sein darf. Der Cattle Dog ist extrem loyal und liebt seine Familie über alles. Umso grösser ist der Kontrast, wenn er territorial und Fremden gegenüber meistens eher reserviert und abwartend reagiert.
Im Umgang mit anderen Hunden kann der ACD anstrengend sein. Vor allem Rüden gehen gerne mal auf die Platzhirsch-Frage und eine Kampfaufforderung ein. Das Training des Sozialverhaltens gegenüber anderen Hunden und teilweise auch gegenüber Menschen, ist aufwendiger als bei anderen Hunderassen. Gut sozialisierte und umsichtig in der Familie aufgezogene Welpen sind generell freundlicher und umgänglicher. Unsichere oder inkonsequente Menschen, die sich nicht gut durchsetzen können, sollten keinen Cattle Dog halten.

Erbkrankheiten

Der ACD ist glücklicherweise ein robuster, pflegeleichter und im Allgemeinen ein gesunder Hund. Dadurch, dass die Welpen weiss zur Welt kommen, können sie – wie alle Schecken – von der sensorineuralen Taubheit betroffen sein. In der Schweiz werden die Welpen vor der Abgabe an die neuen Besitzer auf ihr Hörvermögen getestet. Einseitig hörende Hunde haben praktisch keine Einschränkungen im Leben. Und sogar taube Hunde können mit der richtigen Betreuung ein schönes Leben führen.

Für die Progressive Retinaatrophie (= fortschreitende Schrumpfung der Netzhaut, PRA) gibt es einen zuverlässigen Gentest, der für die VATH-Zuchttiere obligatorisch ist, damit in der Schweiz keine ACD-Welpen wegen dieser Erbkrankheit erblinden.
Das Zuchtreglement des VATH ist streng und der Weg zur Zuchtzulassung ist lang. Zusätzlich zu den Gesundheitstests (Hüft- und Ellbogendysplasie, BAER-Test = Prüfung des Gehörs) müssen die Hunde eine Arbeitsprüfung absolvieren, den Wesenstest und eine Exterieurbewertung bestehen.

Beschäftigung und Hundesport

Der ACD ist ein Multitalent und gut zu erziehen, weil er seinem Meister gefallen will und meistens sehr verfressen ist. Sie werden erstaunt sein, wie schnell diese Hunde lernen!

Allerdings hat der ACD auch seine Eigenarten. Er zeichnet sich durch eine hohe Problemlösungsintelligenz aus und zeigt dadurch oft eine gewisse Repetitionsintoleranz, das heisst bei mehrfacher, langweiliger Wiederholung hängt er ganz einfach ab.

Der Cattle Dog eignet sich für die meisten Hundesportarten, angefangen bei Agility über Wasserrettung bis zur Zielobjektsuche (ZOS). Wenn Sie aber ehrgeizig sind und in der höchsten Klasse viel erreichen möchten, dann werden Sie bestimmt glücklicher mit einem Border Collie oder einem Malinois. ACD sind oft Individualisten und haben manchmal eine sehr eigene, kreative Auffassung der Befehlsausführung. Dafür werden Sie ganz viel Spass haben mit Ihrem Cattle Dog; Lachfalten und graue Haare sind garantiert!

ACD sind beliebte Reitbegleithunde, da sie meistens einen wenig ausgeprägten Jagdinstinkt haben. Es gibt auch Cattle Dogs, die sich für die tiergestützte Therapie, sei es mit Behinderten oder Schülern eignen.

Wichtiges

Der ACD ist ein mental starker Hund. Seine Aufzucht ist von grösster Wichtigkeit, weil schon ab der 3. Woche die Basis für sein späteres Verhalten angelegt wird.

Die Welpen sollten bei der Familie mit viel menschlichem Kontakt und in einem spannenden Welpen-Garten aufwachsen, denn je mehr die Kleinen spielerisch lernen können, desto sicherer werden sie in späteren Stress-Situationen reagieren.

Schlecht sozialisierte Welpen werden oft verhaltensauffällig!

Cattle Dogs können manchmal anspruchsvoll sein, aber mit einer guten Portion Humor und stabilen Nerven können auch hormongesteuerte Probleme locker gelöst werden. Aktive und souveräne Hundehalter, die genügend Zeit haben, um ihren ACD angemessen zu fördern, werden ihr Herz sehr schnell an diese originellen roten und blauen Clowns verlieren und dieser Rasse für immer treu bleiben. Der Spassfaktor ist garantiert!

Literatur

Australian Cattle Dogs-Geschichte, Standard und Charakter

von Eva Holderegger Walser

Preis 25 Franken

Zu beziehen über: cattledog.ch