Schweizer Hunde Magazin

Billigwelpen aus dem Ausland ‒ Eine «Produktinformation»

Die Überschrift dieses Beitrags ist provokativ – und das ist leider nötig: Es kommt nämlich häufig vor, dass zukünftige Hundehalter die Preise ihres Vierbeiners im Internet vergleichen, als handelte es sich um ein beliebiges Produkt. Und wie x-beliebige Billigprodukte werden diese «Schnäppchenhunde» für den Westen dann auch produziert.

Text: Susy Utzinger

Schweizerinnen und Schweizer scheinen Schnäppchen zu lieben, auch wenn es sich dabei um lebende Tiere handelt: 2012 wurden 21 000 Hunde aus dem Ausland in die Schweiz importiert, das sind 43,9 Prozent der neu registrierten Vierbeiner. 1734 dieser Tiere waren Chihuahuas, gefolgt von anderen Moderassen. Hinzu kommen unzählige illegal importierte Tiere, die auf dieser Liste natürlich noch nicht dabei sind. Die reinrassigen Tiere können per Internet zu Dumpingpreisen bestellt werden. Ein Grund für viele «Hundefreunde», die günstige Gelegenheit zu ergreifen und ihrer Shoppinglust nachzugeben.

Lebende Accessoires aus Billigherstellung

Wer den finanziellen und zeitlichen Aufwand für die fachgerechte Aufzucht von Welpen kennt, kann kaum verstehen, wie Hunde so billig angeboten werden können. Während unserer Tierschutzeinsätze ̶ im Auftrag der Susy-Utzinger-Stiftung ̶ im Osten Europas stiessen wir bereits mehrmals auf sogenannte Puppyfarmen. Ein Begriff, der zwar süss klingt, aber für viele Hunde die Hölle auf Erden bedeutet. Und der den tiefen Preis für die lebenden Paris-Hilton-Accessoire-Kopien erklärt. Was es braucht, um die Verkaufsprodukte mit der Etikette «Rassehund» billig herzustellen, ist nichts anderes als eine Massenproduktion – und zwar im grausamsten Sinne. Diese Billighunde werden auf erbarmungslose Art und Weise vermehrt und es ist kaum bezifferbar, wie viele Tiere dabei qualvoll zugrunde gehen.

Geiz ist nicht geil

Wie unglaublich die Tiere unter dem Geiz der Schweizer Hundekäufer zu leiden haben, berichten uns jeweils Tierschutzkollegen aus dem Osten, wenn sie wieder eine Puppyfarm entdeckt haben: Chihuahuas und andere Modehunde werden dort in unzähligen Minikäfigen (analog zu den Legebatterien für Hühner) gehalten und zur Massenproduktion von billigen Lebendaccessoires für den Westen missbraucht.
Neben Ungarn sind auch skrupellose Hundevermehrer in Rumänien, Tschechien und der Slowakei auf den Geschmack des schnellen Geldes mit Hunden gekommen.

Es sind längst nicht nur die Schosshunde, die unter dem Geiz der preisbewussten Hundekäufer zu leiden haben: Egal, welche Hunderasse gewünscht wird, sie kann bestellt und schnell geliefert werden. Eine Hündin und ein Rüde von jeder Rasse und los geht’s mit der Massenproduktion. Die Hündinnen werden so oft wie möglich gedeckt und müssen Welpen produzieren, bis sie sterben. In welchem Zustand die Elterntiere sind, unter welch elenden Umständen sie dahinvegetieren müssen und wie viele Welpen dabei kläglich sterben, scheint niemanden zu interessieren – erst recht nicht die preisbewussten Käufer im Westen.

In Ungarn erlebten wir während eines Einsatzes unserer Stiftung die Räumung einer Schäferzucht hautnah mit. Die Zuchthündinnen waren während ihres ganzen Lebens unter freiem Himmel an Baumstrünken kurz angekettet. Durch ihr endloses Im-Kreis-Laufen und auch durch Scharren hatten sich tiefe Furchen im Erdreich gebildet, die sich bei Regen füllten. Welpen ertranken dann jeweils, die Muttertiere standen tief im Wasser, bis es wieder versickert war. Die Tiere hatten keinerlei Schutz vor Schnee, Regen oder auch gleissender Sommersonne.

Einer der Hunde starb noch während der Evakuation, acht der Tiere mussten aufgrund ihres massiv schlechten Gesundheitszustandes von ihren Leiden erlöst werden. Die Tiere müssen elend und über längere Zeit unter mangelnder Versorgung mit Wasser und Futter gelitten haben: Offenbar haben die Hunde vor lauter Hunger alle möglichen Gegenstände gefressen, an die sie an ihren kurzen Ketten gelangen konnten. Im Magen eines der euthanasierten Tiere wurden rund 1,5 Kilogramm Schrauben und andere Eisengegenstände gefunden. Viele der evakuierten Hund hatten kaum mehr Zähne im Maul: zum einen durch die schlechte Haltung und mangelnde Fütterung, zum andern durch die Versuche, die Ketten durchzubeissen. Durch die isolierte reizarme Haltung erklärten sich die gravierenden Probleme mit Umwelteinflüssen und bei Sozialkontakten, die die Tiere zeigten.

Billigproduktion mit länderübergreifendem Vertriebsnetz

Dass das kein Einzelfall, sondern trauriger Hunde-Produktionsalltag ist, beweisen die Zahlen der in alle Welt verkauften Hunde: Grossproduzenten beliefern einen riesigen Massenhandel, der sich offenbar bezahlt macht. Diejenigen Welpen, die die schlechten Aufzuchtbedingungen ihrer ersten Lebenstage überleben, werden viel zu früh von den Muttertieren getrennt (die Käufer mögen es, wenn die Tiere noch besonders hilflos sind) und in verschiedene Länder verkauft. Unzählige Hundekinder werden an Unterhändler abgegeben, in Kisten verpackt und nach schier endlosen Autoreisen quer durch Europa aus dem Kofferraum auf dubiosen Parkplätzen verkauft. Krank, unter der sehr langen Reise leidend und häufig mit fehlerhaften oder gefälschten Papieren werden sie kurzentschlossenen Käufern gegen Bares in die Hände gedrückt und gehen einer ungewissen Zukunft als Überraschungsgeschenk oder Modeaccessoire entgegen.

Noch viel mehr boomt der Internethandel mit den Billigwelpen: Wer in einer Zeitschrift oder im TV neidisch Paris Hiltons neustes Accessoires bewundert hat, Liebeskummer auskurieren will oder vor lauter Langeweile im Netz surft, kann sich per Mausklick kurzerhand mal einen billigen vierbeinigen Zeitvertreib aus dem Ausland in den virtuellen Warenkorb legen.

Kaugummis, Gummibärli und junge Hunde

Auch ausländische Zoohandlungen lassen sich von solchen dubiosen Hundeproduzenten beliefern und bieten ihre lebenden Produkte der Laufkundschaft in Terrarien feil. Hundeterrarien stehen in den Einkaufszentren südlicher Länder oft direkt hinter den Kassen. So kann man neben Kaugummis und Klopapier auch gleich mal noch günstig einen jungen Hund einkaufen, wenn man gerade spontan Lust dazu hat. Auch Schweizer Touristen packen diese Spargelegenheiten immer mal wieder beim Schopf und kaufen in den Ferien kurzerhand einen billigen Welpen als Souvenir. Wenn die Verkaufsstrategie «Hundeterrarium» nicht zum erstrebten Verkauf führt, wird der Preis für die Ware reduziert: Tiere, die nicht gut «laufen», kommen in den Ausverkauf – die Ladenhüter müssen schliesslich weg.

Schnäppchen mit Tücken

Sind die unüberlegt bestellten oder eingekauften lebenden Accessoires dann in der guten Schweizer Stube, beginnen viele frischgebackene Hundehalter das erste Mal zu realisieren, dass sie da nicht etwa eine Billighandtasche erstanden haben, sondern ein richtiges Lebewesen. Viele dieser Hunde sind krank und zeigen schon bald nach ihrer Ankunft im neuen Heim gesundheitliche Schwächen. Die grausame Haltung und Ausbeutung der Elterntiere, die mangelnde medizinische Versorgung und die schlechte Fütterung von Eltern- und Jungtieren rächen sich in vielen Fällen und wirken sich auf die Gesundheit der Billigwelpen aus. Was mit einem Hundeschnäppchen aus Puppyfarmen bei der Anschaffung eingespart wird, kostet später häufig ein Mehrfache an Tierarztkosten und wird von vielen Hundewelpen schliesslich mit dem Leben bezahlt.

Die wenigen Hundekinder, die diese ganze Odysse überstanden haben, sind noch längst nicht am Ziel. Sobald sie nämlich anfangen, ganz normale Hundeansprüche zu stellen, fallen ihre Käufer häufig aus allen Wolken: Sie staunen nicht schlecht, wenn das erstandene Billigprodukt trotz Hundekleidchen und Hundewindeln kläfft, Sachen zerstört und sich wie ein Hund benimmt.

Reichen Hirn und Herz – oder muss das Gesetz greifen?

Was Tierliebe nicht schafft, wollen Politiker nun per Gesetz erreichen: So forderte der SP-Nationalrat Daniel Jositsch kürzlich eine Bewilligungspflicht für Hundeimporte in der Hoffnung, den illegalen Welpenhandel auf diese Weise eindämmen zu können. Der sogenannte Haushierhandel ist in der Schweiz seit dem 1. Mai 2013 für alle Tiere verboten. Damit ist es nun in der Schweiz offiziell nicht mehr erlaubt, Hunde aus dem Kofferraum (oder ähnlich) an Passanten zu verkaufen. Die Kantone haben nun die Möglichkeit, gegen solche Hundehändler vorzugehen und Bussen bis zu 5000 Franken zu verhängen. Übrig bleiben diejenigen Hundehändler, die ihre Massenzuchtwelpen legal über die Schweizer Grenze bringen und die entsprechenden Papiere vorweisen können. Ihr Umgang mit den Tieren ist genauso grausam, kann aber rechtlich nicht geahndet werden. Und so liegt es am Hundekäufer, wie er bei der Auswahl seines zukünftigen Vierbeiners vorgeht und wie viel Tierleid er für eine Preisreduktion in Kauf nimmt. Denn: Wem Hunde tatsächlich am Herzen liegen, der muss nicht per Gesetz dazu gebracht werden, die Finger von solchem üblen Hundehandel zu lassen, im Wissen, dass er mit dem Kauf jedes einzelnen Billighundes einen Tierhandel der schlimmsten Art unterstützt und angekurbelt.

Susy Utzinger Stiftung für Tierschutz (SUST)

Die Hauptaufgabe der Susy Utzinger Stiftung für Tierschutz besteht in der Verbesserung der Qualität von Tierheimen und Tierschutzprojekten im In- und Ausland. Im Dialog mit den betroffenen Tierschützern geht die Tierschutzorganisation die Restrukturierung von Tierheimen, Beratung für Aufbau und Führung von Tierschutzprojekten sowie die Weiterbildung von Fachleuten an.

Mehr Infos unter: www.susyutzinger.ch