Ein kleiner Ratgeber aus Sicht einer Tierphysiotherapeutin
Auch wenn wir oft lange auf sie warten – plötzlich ist sie wieder da: die wunderbare weisse Pracht, die Winterfans unter Menschen und Hunden begeistert. Als Tierphysiotherapeutin und aktive Skitourengängerin möchte ich Ihnen ein paar Tipps zur richtigen Vorbereitung, Ausrüstung, Wahl der geeigneten Sportart und richtigen Vorbereitung Ihres Vierbeiners geben.
Grundsätzliches
Die meisten Hunde lieben Schnee und gerade Allergiker profitieren von den Wintermonaten. Auch ältere und übergewichtige Hunde sind oft besser zu motivieren, sich zu bewegen, als in der kreislaufbelastenden Hitze des Sommers. Doch auch der Winter hat seine Tücken. Damit weder Tier noch Mensch sich überfordern, ist es wichtig, dass die Fitness des Hundes (und Zweibeiners) richtig eingeschätzt und aufgebaut wird.
Belastung des Hundes im Schnee
Wer schon einmal am Meer eine längere Strecke im Sand gelaufen ist, kann gut nachvollziehen, dass der Körper, die Muskeln und Gelenke dabei ganz anders belastet werden. Es ist anstrengend und man ermüdet schneller. Vielleicht hat man am Folgetag auch an bis anhin unbekannten Stellen Muskelkater.
Vergleichbar ist die Fortbewegung im Schnee. Abhängig von Schneehöhe und -beschaffenheit sowie der Konstitution und Grösse des Hundes wird auch dessen Körper anders belastet, denn die Bewegungsabläufe ohne festen Untergrund sind anders. Ähnlich wie beim Schwimmen findet die Pfote in der Standbeinphase keinen festen Halt, ebenso nicht für den Vorwärtsschub. Die gesamte Fortbewegung braucht ein Vielfaches an Kraft aus den proximalen (körpernahen) grossen Muskelgruppen der Hinter- und Vorderhand.
Ebenso ist das Bewegungsausmass (Aktionshöhe) der Beine grösser und diese müssen gegen den Widerstand des Schnees nach vorne geführt werden. Vermehrte Gelenksmobilität und Muskelarbeit sind erforderlich. Im Trend zu tendenziell kleineren Hunderassen ist dieser Aspekt speziell zu beachten.
Grundsätzlich ist die natürlichste und energiesparenste Gangart des Hundes der lockere Trab, den er ohne grosse Ermüdung aufgrund eines speziellen Federmechanismus über längere Strecken beibehalten kann. Die vergnüglichen Sprungbewegungen im Schnee haben wenig damit zu tun. Zum kurzweiligen Spiel und Austoben sei dies jedem Hund gegönnt – aber bitte nicht stundenlang.
Nicht nur die Gliedmassen, sondern auch der Rücken werden im Tiefschnee stärker belastet. Sprünge und Galopp fordern eine grosse freie Beweglichkeit in Beugung und Streckung (Flexion und Extension) aller Wirbelsäulenabschnitte. Diese können mit dafür speziellen Übungen gefördert werden. Lassen Sie sich von Ihrem Tierphysiotherapeuten oder Hundetrainer in entsprechenden Übungen instruieren.
Wichtig: Wer ernsthaft mit seinem Hund Wintersport betreiben will, muss sich und das Tier sorgfältig vorbereiten.
Die Vorbereitung
Mit einem gesunden Hund ist ein guter Aufbau der Grundlangenausdauer jederzeit möglich und sinnvoll. Joggen, Fahrradfahren oder lange Wanderungen eignen sich dazu bestens. Für das nötige Koordinationstraining braucht es spezifischere Übungen. Ähnlich wie beim Menschen verfügt der Hund über grosse Muskeln und Muskelgruppen (Schulter, Rücken, Kruppe, Bauch), die vor allem für die (Fort-) Bewegung zuständig sind. Die kleinen gelenksnahen Muskeln dienen jedoch hauptsächlich zur Stabilisation der Gelenke in der Bewegung. Genau diese kleinen Muskeln werden in koordinativen Übungen trainiert. Dazu eigenen sich instabile Untergründe wie beispielsweise Wackelbrett oder Ballkissen. Dabei wird auch die Körperwahrnehmung des Hundes geschult.
Zur Förderung der aktiven höheren Extremitätenbewegung eignet sich das Cavalettitraining sehr gut. Dieses kann mit einfachen Alltagsgegenständen oder mit Ästen im Wald geübt werden. Wichtig ist, dass Ihr Tier über gesunde Gelenke mit dem dazu nötigen möglichen schmerzfreien Bewegungsausmass verfügt.
Sinnvolle und sinnlose Wintersportarten mit Hund
Die Gemütliche: Winterwandern
Die Möglichkeiten zu wunderbaren Winterwanderungen mit Ihrem Hund sind fast grenzenlos. Länge und Art der Wanderung können individuell auf Ihr Tier abgestimmt werden und eignen sich auch für ältere Tiere.
Die Dynamische: Langlaufen
Immer beliebter wird diese Ausdauersportart auch mit Hund. Grundsätzlich gilt auf den meisten Loipen ein Hundeverbot, ausser es handelt sich um eine speziell dafür ausgeschilderte Hundeloipe. Informieren Sie sich, ob der Hund frei oder angeleint mitlaufen darf. Die Gewöhnung an Skier und Stöcke sowie das Erlernen der Signale für vorne Laufen, Tempovariationen und Anhalten finden vorgängig und nicht erst auf der Loipe statt. Ein gut passendes Brustgeschirr sowie eine Flexileine mit federndem Zwischenstück am Bauchgurt befestigt haben sich bewährt.
Die Unsinnige: Schlitteln
Wer seinen Hund zum Schlitteln auf stark frequentierte Schlittelwege mitnimmt, ist sich der grossen Verletzungsgefahr (Kufen, unkontrolliertes Tempo der Schlitten, andere Schlittler, eisige Abschnitte) zu wenig bewusst. Das schnelle und oft unkontrollierte Herunterrasen auf den meist harten Schlittelwegen belastet die Vorderhand des Hundes massiv und löst häufig ungewollt den Hetz- und Jagdinstinkt aus.
Die Modische: Schneeschuhtouren
Die Kosten sind niedrig und die Technik ist leicht zu erlernen – das spricht für Schneeschuhtouren. Im Gegensatz zum Langlaufen sollte der Hund lernen, in einem gewissen Abstand hinter seinem Menschen zu gehen (auch angeleint). Statt sich vorne durch den tiefen Schnee zu wühlen, kann er so die Spur des Menschen nutzen. Da diese versetzt ist, entspricht sie jedoch nicht dem natürlichen Gang des Hundes. Oft sinkt er trotzdem ein und muss sich übermässig anstrengen.
Die Verbotene: Skifahren
Hunde gehören grundsätzlich nicht auf die Skipiste.
Die Anspruchsvolle: Skitouren
Für mich persönlich die «Königsdisziplin» der Wintersportarten mit Hund. Sie ist jedoch für Mensch und Tier sehr anspruchsvoll und bringt nicht zu unterschätzende Risiken mit sich. Neben der körperlichen Überforderung sind dies Witterungsbedingungen (Sonne, Kälte, Wind, schlechte Sicht), ungünstige Schneebedingungen und Lawinengefahr, Absturzgefahr, Gletscherspalten und andere. Zudem sind Verletzungen durch Skikanten gefährlich und oft schwer.
Wie beim Langlauf muss der Hund vorgängig an die Ausrüstung des Menschen gewöhnt werden (Skier, Skischuhe, Stöcke) und entsprechende Signale lernen, damit die Tour möglichst stressfrei wird. Dazu gehören:
Zurück: Hund geht in genügendem Abstand hinter dem Mensch.
Stay: Hund wartet bis zum Abruf.
Warten: Muss eine Spitzkehre gemacht werden, wartet der angeleinte Hund im Aufstieg in der Spur.
Laaangsaaam: Tempo verringern.
Spur: Der Hund folgt in der Abfahrt kräftesparend der Aufstiegsspur.
Pause: Wir machen gemeinsam eine Verschnaufpause, der Hund soll nicht rumschnüffeln, sondern auch pausieren.
Ein möglichst gefestigter Rückruf des Hundes ist vor allem in der Abfahrt, in Zonen, wo sich Wild aufhält oder andere Skifahrer unterwegs sind, Bedingung. Sind die Schneebedingungen für den Hund ungünstig, ist es ratsam, bereits im Aufstieg frühzeitig umzukehren. Selbstverständlich sind unterwegs häufige Verschnauf- und Trinkpausen einzuplanen.
Mit unserem Hund Mythos bauen wir jeden Winter die entsprechende Kondition mit anfänglich kleinen kurzen Touren auf. Im Aufstieg folgt mein Hund angeleint (Flexi) vor mir der Aufstiegsspur und in einer Gruppe bilden wir das hinterste Team. In der Abfahrt läuft er begeistert frei mit. Mythos begleitete uns so in den vergangenen beiden Wintern auf mehr als 65 Touren mit insgesamt über 70 000 Höhenmetern im Auf- und Abstieg.
Ausrüstung für den Hund
Die Meinungen und das Angebot im Bereich der notwendigen (Winter-)Ausrüstung für den Hund sind sehr vielfältig und verschieden. Gerne lasse ich Sie einen Blick in meinen Skitourenrucksack werfen (mit Betonung auf meinen, denn der Hund trägt aufgrund der vermeidbaren Rückenbelastung selbst keinen Rucksack – auch wenn’s cool aussehen würde).
Meine Packliste für den Hund beinhaltet:
- Genügend Trinkwasser (temperiert in Thermos) und ein faltbares Trinkgeschirr.
- Passende Sonnenbrille, denn auch Hundeaugen reagieren empfindlich auf UV-Strahlung, Kälte und Wind.
- Windstoppermantel ohne Fleece wegen der Schneeklumpenbildung.
- Cordura-Pfotenschuhe, die rutschfest sind und den Einsatz der Krallen ermöglichen.
- Vaseline oder Melkfett zum Eincremen der Pfoten vor und während der Tour.
- Notfallapotheke mit genügend Verbandmaterial (Beratung bei Ihrem Tierarzt).
- Wenig Belohnungsfutter (richtige Fütterung vor und nach der Tour).
- Passendes verstellbares Y-Brustgeschirr, z. B. Copenhagen.
- Flexileine mit federndem Zwischenstück.
- Ortungssender für den Hund, z. B. Tractive.
Häufige gesundheitliche Probleme des Hundes im Winter
Was
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Grund/Ursache |
Behandlung |
Vorbeugung
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Risse in Pfoten- und Zehenballen | – gesalzene Strassen
– eisiger, harscher Untergrund – mangelnde Pfotenpflege |
– Pfoten regelmässig kontrollieren
– daheim mit lauwarmem Wasser waschen und am besten vor der Fütterung mit spezieller Pfotensalbe eincremen (z. B. Vetramil),….
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– Vorbeugen ist besser als Heilen
– vor der Tour Pfoten dick mit Vaseline/Melkfett (günstiges Produkt) schützen – Pfoten regelmässig pflegen – wenn nötig Pfotenschuhe einsetzen |
Krallenverletzungen
Krallenabriss |
– passiert nicht selten auf eisigem Untergrund
– ist sehr schmerzhaft
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– säubern, desinfizieren, Polster- und Schutzverband, Pfotenschuh bis zur Abheilung
– kann zu Entzündungen führen, evtl. dem Tierarzt vorstellen – muss sorgfältig versorgt werden |
– Krallen regelmässig auf die richtige Länge schleifen |
Augenentzündungen | – verursacht durch Kälte, Wind, zu viel UV-Strahlung | – sofort Augentropfen verwenden (z. B. Weleda Euphrasia-Tropfen)
– Tierarzt |
– Empfindliche Hunde oder bei langem Aufenthalt im Schnee Sonnenbrille verwenden. |
Schneegastritis | – meist verursacht durch zu viel Schnee fressen | – Schonkost
– nötigenfalls Tierarzt |
– immer genügend temperiertes Trinkwasser mitführen (Thermos) |
Hautreizungen in Achselhöhle, Ellbogen, Leiste, zwischen Zehen | – meist verursacht durch sich bildende Schnee- und Eisklumpen, die mechanisch reizen | – daheim lauwarm waschen und mit geeigneter Wundsalbe behandeln (z. B. Vetramil, Bepanthen) | – benutzt man beim langhaarigen Hund vor der Tour an den kritischen Stellen Fellglanzspray, bilden sich weniger Klumpen
– Haare zwischen den Zehen kurz schneiden |
Muskelzerrungen
Gelenksdistorsionen |
– meist durch unkontrolliertes Ausrutschen
– durch unphysiologische Bewegungen |
– Schonung bis Abheilung
– Wärme (Kirschkernkissen) – sanfte Massage – Physiotherapie |
– Gefahr möglichst frühzeitig erkennen
– keine Pfotenschuhe mit Gummisohle verwenden – Rutschgefahr! |
Rückenprobleme | – entstehen meist durch übermässige Belastung im (Tief-)Schnee
– aufgrund der vermehrten Kraftanstrengung sind grosse, schwere Hunderassen prädestiniert |
– je nach Schweregrad medikamentös mit entzündungshemmenden und schmerzstillenden Medikamenten
– Schonung – Physiotherapie |
– Möglichkeiten des Hundes bezüglich seiner Belastbarkeit gut einschätzen können |
Sehnenentzündungen | – Häufiger bei kleinen Hunden als Folge der übermässigen Belastung (hohe Aktion im Schnee)
– Hunde, die zum Schlitteln mitgeführt werden (Vorderhandprobleme) |
– Schonung
– Physiotherapie |
– adäquate Belastung des Tiers im Winter wählen |
Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Vorbereitung und viel Geduld beim Warten auf die wunderbare Winterpracht.
Text: Judith Hettich
Informationen zur Vorbereitung findet man zum Beispiel hier:
www.meteo.ch (Wetter)
www.slf.ch (Lawinensituation)
www.h-und.ch (Langlauf, hundefreundliche Bergbahnen)
www.respektiere-deine-grenzen.ch (Wildruhezonen)
www.sac-cas.ch (Tourenvorschläge, SAC-Tourenportal)
www.skitouren.ch (aktuelle Berichte von Skitouren)
www.wegwandern.ch oder www.outdooractive.com (Winterwanderungen)
www.huskypower.ch (Ausrüstung und Zubehör)
www.animove.ch (Tierphysiot