Wie macht man Hunde glücklich?

 

Wer einen Hund glücklich machen will, muss erst wissen, was «glücklich sein» bedeutet, wie es erkannt und erreicht werden kann. Da führen Missverständnisse schnell in die falsche Richtung.

 

Die Schweizerische Kynologische Gesellschaft (SKG) hat die «Stiftung Hund Schweiz» ins Leben gerufen, deren Leitmotiv «Hunde glücklich machen» heisst. Für fünf Millionen Franken ist ein «Kompetenzzentrum Hund» geplant, dessen Kernstück eine Trainingshalle ist, wo Praxistrainings und Agility-Turniere stattfinden sollen, wo Pokale winken. Wir haben uns und zahlreichen Hunde-Experten die Frage gestellt, wie man Hunde glücklich machen kann.

 

Glück des Menschen – Glück des Hundes

Mit Glück ist hier ein Zustand gemeint und nicht ein zufälliges Ereignis (wie ein Lottogewinn). Das Englische unterscheidet klärend zwischen «luck» und «happiness». Die griechischen Philosophen wie Platon und Aristoteles definierten das Glück als höchstes und erstrebenswertes Gut für den Menschen.

 

Seit die Wissenschaft bei Tieren ein Gefühlsleben nachgewiesen hat, setzt sich auch der Mensch damit auseinander: Was ist mit «glücklich sein» beim Tier gemeint? Wie wird es erkannt und wie ermöglicht?, lauten die drei Grundfragen. Damit attestiert der Mensch dem Tier beziehungsweise dem Hund, dass «glücklich sein» auch für ihn ein erstrebenswertes Gut sein darf. Dazu hat die Neurobiologie inzwischen Beweise geliefert: Bestimmte Reize von aussen oder innen lösen im Gehirn im zentralen Nervensystem die Produktion der Neurotransmitter Dopamin, Serotonin und Oxytocin aus, welche als Glückshormone diese Glücksgefühle auslösen.

 

Wie erkenne ich, dass mein Hund glücklich ist?

Könnten Hunde die Frage beantworten, was sie glücklich macht, so bekämen wir ebenso unterschiedliche Antworten wie wenn der Mensch dies gefragt würde. Das mag zum Teil rassebedingt sein, ist in erster Linie jedoch individuell. Nur: Während der Mensch weitgehend seines eigenen Glückes Schmied ist, hängt das Glück des Haushundes überwiegend vom Menschen ab.

 

Um «glücklich sein» richtig deuten zu können, braucht es Wissen über das Ausdrucksverhalten des Hundes. Nur wer den eigenen Hund genau beobachtet, erhält über seinen Gefühlszustand Bescheid. Das Knabbern am leckeren Knochen, der Verzehr der frischen Mahlzeit lösen zweifellos gute, leicht beobachtbare Gefühle der Zufriedenheit aus. Doch «glücklich sein» ist mehr: Die Körperspannung oder -haltung zeigen es, je nachdem ob der Hund beschäftigt ist oder ruht, und wenn er an besonders empfänglichen Stellen gekrault oder massiert wird. «Glücklich sein» lässt sich am klaren, offenen Blick sowie an sanften, lockeren Gesichtszügen erkennen, wenn er zufrieden die Ohren hängen lässt oder sie erwartungsfroh aufstellt, weil er die Futterbüchse gehört hat. Details können Aufschluss geben: Wie ist die Position der Mundwinkel? Wie trägt er die Rute? All das können Indizien für einen glücklichen Zustand sein. Gangweise, Atmung, Herzschlag, Muskeltonus, sogar die Fellbeschaffenheit können Aufschluss darüber geben oder die Art und Weise, wie er eine körperliche Tätigkeit ausführt sowie ob und wie er danach zur Ruhe findet.

 

Es braucht immer eine Beurteilung des Gesamtbildes. «Glücklich sein» kann der Hund erreichen, gleich ob er in seinem Körbchen liegt oder auf dem Balkon und dabei halb wach, halb dösend die Umgebung überwacht, ob er eine Fährte verfolgt, beim Joggen neben uns her trabt und ab und zu ausgiebig einen Grashalm von unten bis oben beschnüffeln darf. Glücklich sein kann er, wenn er einen bekannten Hundefreund trifft, mit ihm herumtollt, um dann wieder in Ruhe von dannen zu gehen. Wenn er mit seinem Menschen etwas unternehmen kann, sei es eine Sucharbeit oder das Absolvieren eines Geschicklichkeitsparcours.

 

Der Mensch als Glücksverhinderer 

Weil wir unsere Hunde glücklich sehen möchten und sie uns ja glücklich machen sollen, interpretieren wir oft vorschnell unsere Glücksvorstellungen in den Hund hinein. Wenn er bellt, heisst es sehr oft: «Er freut sich», doch vielleicht ist er einfach aufgeregt. Der Hund, der jeweils Dutzende Male den geworfenen Gegenstand apportiert, ihn hechelnd Frauchen oder Herrchen vor die Füsse legt und mit nach hinten gezogenen Mundwinkeln und weit geöffneten Augen auf den nächsten Wurf wartet, ist nicht etwa glücklich, sondern hoch gestresst, auch wenn der Mensch sagt: «Er macht es gern». Statt dem Hund aus seiner egoistischen Haltung heraus ein vermeintliches Glück aufzwingen zu wollen, müsste sich dieser Halter vielmehr bewusst sein, dass die ständige Produktion des Stresshormons Noradrenalin seinen Hund längst zum Junkie, einem Süchtigen, gemacht hat.

 

Das hat nicht mehr viel mit «glücklich sein» zu tun. Dasselbe gilt heute auf breiter Ebene ‒ nicht nur an der Spitze ‒ dort im Hundesport, wo der Halter aufgrund seines Ehrgeizes das Mass aller Dinge überschreitet, wo der Hund auf ein Sportgerät reduziert wurde. Oft führt die Rassezugehörigkeit zu falschen Annahmen, denn nicht jeder Windhund ist auf der Rennbahn glücklich, nicht jeder Retriever ist gerne Familienhund, nicht jeder Border Collie wartet nur auf den nächsten Befehl, nicht jeder Schäferhund liebt Unterordnungsübungen.

 

Wie macht man nun Hunde glücklich?

 

Wenn alle Grundbedürfnisse erfüllt sind und sich der Hund bei uns sicher und geborgen fühlt, haben wir eine gute Basis gelegt. Die Nähe, auch die körperliche, zu seinem Menschen als wichtigster Sozialkontakt und die Möglichkeit Hundefreunde zu treffen sind Bedingungen, um glücklich zu sein. Freundlicher Umgang, Zuneigung, friedliches und ruhiges Umfeld sowie der Verlass, in einem geregelten Alltag zu leben, sind soziale Grundlagen für sein Glück. Die individuellen Bedürfnisse erfüllt der Mensch, wenn der Hund in seinem Dasein und Handeln möglichst oft «Hund sein» darf und dafür Respekt und Anerkennung erfährt. Letztlich verhelfen wir dem Hund zum Glück, indem wir ihn eine Selbstständigkeit entwickeln lassen, ihm so viele Freiheiten gewähren wie möglich, wie für ihn gut und seine Umwelt tragbar sind.

 

«Hunde glücklich machen» – das ist zweifellos schneller gesagt als getan. Ist der Mensch ausserdem bereit, sich selbst zugunsten seines Hundes zurückzunehmen, steht dem gemeinsam «glücklich sein» nichts mehr im Weg. Es verlangt vom Menschen vor allem Empathie, seinen Hund als Individuum zu sehen. Manchmal reicht für das Glück ein unverhoffter, freudiger Augenkontakt, ein weicher Blick.

 

Text: Roman Huber

 

Glückspfeiler

  • Sicherheit/Vertrauen
    • Kuschelzeit, sanfte Berührungen (nicht abklopfen)
    • angemessene Sozialkontakte
    • Schnüffelspaziergänge
    • auch mal buddeln dürfen
    • freundlicher Umgang

Glückskiller

  • Grober Umgang (Leinenkorrektur etc.)
    • Launenhaftigkeit
    • Streit und Unruhe zu Hause
    • ausgesperrt werden
    • Leistungsdruck
    • Vernachlässigung

 

Buchtipps: 

Einfach artgerecht

Ethik und Verhaltensforschung als Basis für eine harmonische Mensch-Hund-Beziehung.

Anders Hallgren

144 Seiten, ca. 60 farbige Abbildungen

ISBN 978-3-8404-2039-9

45 Franken (UVP)

Auch als eBook erhältich.

 

Glücksmomente

Vier Pfoten und zwei Beine auf der Suche nach dem Glück

Jörg Tschentscher & Clarissa v. Reinhardt

87 Seiten, Softcover, mit zahlreichen farbigen Fotos und Abbildungen

ISBN 978-3-936188-59-2

15 Franken (UVP)

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geschrieben von:
Roman Huber

Roman Huber

Roman Huber ist Publizist, Hunde- sowie Medienfachmann, hat zwei Hunde und unterstützt als Trainer seine Frau in deren Hundeschule. Er plädiert für eine faire Erziehung bzw. Haltung, die den Bedürfnissen und Möglichkeiten des einzelnen Hundes und dessen Menschen entspricht. Statt Methoden stellt er die individuelle Begleitung ins Zentrum und Lösungen, die auf Ursachenanalyse basieren sowie verhaltensbiologisch gesehen korrekt sind. www.dogrelax.ch.

Ein Kommentar zu “Wie macht man Hunde glücklich?

  1. Schach, Marina

    Ein professioneller, toller Beitrag. Wie hilfreich für Hund-Mensch-Kontakte wäre es, wenn alle Hundehalter ihn lesen und verstehen würden . Danke

    Antworten

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