Und täglich grüsst der MDR1-Gendefekt

Teil 2 – Alltag und Training mit einem betroffenen Hund

In der Ausgabe 6/24 schrieb ich darüber, wie sich der MDR1-Gendefekt auf die Aktivität der passiven Kontrollverlust-Stressachse auswirkt. Das fehlende P-Glykoprotein an der Blut-Hirn-Schranke führt nicht nur dazu, dass Toxine vermehrt in das Nervengewebe des Gehirns übertreten können, sondern auch das Stresshormon Kortisol. Im heutigen Beitrag schauen wir genauer hin, was eine mögliche erhöhte Stressanfälligkeit für das Training und den Alltag mit einem betroffenen Hund bedeutet und weshalb der Vierbeiner in Stresssituationen keine Lösung finden kann.
Text: Daniela Rettich

Für die Speicherung von Langzeitinformationen ist der Hippocampus, die zentrale Schaltstelle des limbischen Systems, zuständig. In diesem sogenannten deklarativen Langzeitgedächtnis, auch Wissensgedächtnis genannt, werden Informationen abgelegt, die bewusst abgerufen werden können. Dazu gehören allgemeine Fakten, Tatsachen, Erlerntes, Erfahrungen, Konfliktlösungen, Erlebnisse und Aufgaben. Nun ist der Hippocampus genau der Bereich im Gehirn mit der grössten Dichte an Kortisolrezeptoren. Rezeptoren kann man sich vorstellen wie einen Schliesszylinder, in den dann das Hormon «eingesteckt» wird. Kommt es nun in einer Stresssituation durch das fehlende P-Glykoprotein zu einer Überschwemmung des Gehirns mit Kortisol, binden sich die Hormonmoleküle an die Rezeptoren im Hippocampus und blockieren den Zugriff auf die abgespeicherten Informationen.1 Es kommt dabei zu einer Hemmung der Aktivität im Hippocampus. Das bedeutet: Auch wenn der Vierbeiner für eine bestimmte Situation eine Lösung kennt, kann diese im Langzeitgedächtnis nicht mehr abgerufen werden – der Hund hat keinen Zugriff auf die abgespeicherten Informationen. Er wird sich überfordert zeigen, irgendetwas anbieten, das in den meisten Fällen übertrieben ist und nicht zur aktuellen Situation passt. Dieses Verhalten wird dann oft fälschlicherweise als ein Nichtwollen interpretiert, weil nicht verstanden wird, dass der Hund diese Aufgabe schlicht und einfach nicht lösen kann. Das ist, als würde man vor einer geschlossenen Bibliothek stehen; man weiss zwar ganz genau, wo das Buch zu finden ist, aber man kommt nicht ran.
Lesen Sie den ganzen Beitrag in der Ausgabe 7/24.

geschrieben von:
Daniela Rettich

Daniela Rettich ist BLV*-anerkannte Hundetrainerin und Sachbuchautorin, www.silentdogs.com. * Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV)

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