Training mit Markersignal 1/2

oder: Klickertraining in der Hundeerziehung

Die einen schwören drauf, die anderen verteufeln es. Klickertraining kam vor vielen Jahren als neumodische Welle auf, fand schnell Anhänger, flaute aber wie jede Mode auch schnell wieder ab. Wenigstens im Hundesport hat der Klicker eine bleibende Berechtigung gefunden.

 

Viele Hundetrainer binden die Arbeit mit dem Klicker ein, um eine korrekte Ausführung von bestimmten Handlungen zu erhalten. Im Dogdance ist diese Trainingstechnik weit verbreitet und auch im Obedience und Schutzhundesport macht sie immer mehr die Runde. Ausgesprochene Gegner dieser Trainingstechnik brüsten sich dagegen teilweise damit, «ohne Motivation» zu trainieren, was genau betrachtet blanker Unsinn ist und kaum ernst genommen werden kann.

Immerhin, fast jeder belesene Hundehalter hat schon mal etwas von Klickertraining gehört, gelesen oder es sogar schon selbst ausprobiert. Viele hören aber schnell wieder damit auf, weil sie den Nutzen nicht sehen und es als umständlich empfinden. Schliesslich kann man doch auch einfach loben; die Worte habe ich schliesslich immer dabei. Für die Grunderziehung ist zudem der Gedanke verbreitet, dass der Hund doch aus sozialen Gründen gehorsam sein soll und nicht nur wegen den Leckerli. So beschweren sich manche Hundehalter, dass ihr Hund nur noch folgen würde, wenn die Leckerlitasche und der Klicker dabei sind. Ohne diese Anhängsel funktioniert dagegen nichts mehr.

Klickertraining bedeutet jedoch nicht nur die Arbeit mit dem Knackfrosch und Futterbelohnung. Die Idee diese Trainings verbindet grundlegendes Wissen über Lernprozesse und wie diese optimal angesteuert werden können, um das gewünschte Verhalten schnell und zuverlässig zu erhalten. In diesem und im nächsten Teil zur Einführung in dieses Thema erfahren Sie, was es genau mit dieser Trainingstechnik auf sich hat, wo die Vorteile und Nachteile liegen. Zusammen mit kreativen Trainingsideen erhalten Sie in der darauffolgenden Serie gezielte Hinweise, wie Sie gängige Fehler vermeiden, um wirklich das zu trainieren, was Ihnen vorschwebt.

 

Wie der Klicker zum Hund kam

Die Technik des Klickertrainings wurde bei der Arbeit mit Wildtieren im Zoo und für Tiershows entwickelt, bei welchen die Kooperationsbereitschaft mit dem Menschen nicht oder kaum auf sozialem Miteinander aufgebaut werden kann. Die Erkenntnisse der Forschungen über Lerntheorie und Konditionierungsvorgänge flossen hier erstmals konkret in das Training mit Tieren ein. Es wurde nach Möglichkeiten gesucht, die Tiere effizient und tiergerecht zu trainieren, während gleichzeitig die Gefahr für Tier und Mensch im Umgang miteinander reduziert wird. Ein grosser Teil dient noch heute dem «Medical Training», bei dem Tiere lernen, sich selbstständig so zu positionieren, dass Untersuchungen und Behandlungen möglich sind, ohne dass der Behandler sich damit einer Gefahr aussetzt, beispielsweise bei Bären, Elefanten oder anderen grossen und wehrhaften Tieren.

Aber auch bei jenen Wildtieren, die sich gerne auf den Menschen einlassen, brachten die Erkenntnisse über Lernprozesse und der Einsatz des Klickertrainings grosse Fortschritte. Erwünschtes Verhalten konnte schneller und zuverlässiger erarbeitet werden, wenn diese Erkenntnisse im Training berücksichtigt wurden und Futter als Trainingswerkzeug gezielt zum Einsatz kam. Zudem dient das Klickertraining bei Zootieren auch der geistigen Auslastung. Die Tiere werden etwas gefordert und haben Abwechslung in ihrem sonst eher tristen Alltag. Über diesen Weg fand das Klickertraining auch im Haustiertraining seine Berechtigung, zu denen unter anderem der Hund zählt.

 

Der Focus liegt auf erwünschtem Verhalten  

Das ist aus meiner Sicht der grosse Pluspunkt beim Klickertraining: Unerwünschtes Verhalten rückt bei der Arbeit mit dem Klicker immer mehr in den Hintergrund. Es entsteht eine angenehme Lernatmosphäre, die das Lernen fördert und den Weg für kreative Lösungsansätze öffnet. Sätze wie «Der Hund soll nicht betteln!» werden umformuliert in «Der Hund soll beim Essen ruhig auf seinem Platz liegen.», denn nur Letzteres kann ich mittels Klickertraining erarbeiten. Diese Umformulierung kann auf alle möglichen Bereiche im Alltag und im Hundesport übertragen werden. Der Einsatz von Strafe, um das unerwünschte Verhalten des Hundes zu unterbinden, wird dadurch automatisch reduziert, das Miteinander wird zugunsten eines wertschätzenden Umgangs verändert.

Das Training beginnt mit einer optimalen Gestaltung der Aufgabe. Der Vierbeiner sollte leicht und ohne aktives Zutun des Halters auf das erwünschte Verhalten kommen. Durch neutrale Einschränkungen wie Leine, Zäune oder diverse Hindernisse wird das mögliche Verhaltensspektrum anfangs so reduziert, dass nur noch wenige Möglichkeiten übrig bleiben und die Wahrscheinlichkeit für das erwünschte Verhalten steigt. Eine reizarme Umgebung sorgt dafür, dass der Schüler sich leichter konzentrieren kann und schnell zum Erfolg kommt.

Durch das Ausbleiben unangenehmer Konsequenzen kann der Vierbeiner nun frei ausprobieren und wird «einfach nur» für das Verhalten belohnt, das dem erwünschten Ziel näherkommt. Stück für Stück werden die Anforderungen erhöht, Belohnungen gibt es immer dann, wenn das Ziel noch näher rückt. Ist das Endziel erreicht, gibt es oftmals einen «Jackpot», mit dem das gezeigte Verhalten besonders hochwertig belohnt wird und der die Motivation steigert, dieses erneut auszuführen.

Diese Trainingstechnik wird als «Shapen» bezeichnet, das Verhalten wird aus dem «Nichts» heraus geformt; der Hund entwickelt die Übung mehr oder weniger eigenständig. «Shapen» ist eine reizvolle Aufgabe für Hund und Halter und fördert die kreative Herangehensweise und Strategiesuche bei diversen Anforderungen. Dies kann auch im Alltag helfen, kreativer an Problemlösungen heranzugehen und sich Konflikten selbstbewusst zu stellen. Hilfen wie Locken, Vorzeigen oder aktiv in die gewünschte Position Führen sind im Klickertraining allgemein eher verpönt. Der Hund soll möglichst selbst auf die Idee kommen, ist der Anspruch vieler Klickertrainer.

Ich sehe das etwas lockerer. Geht es darum, ein Ziel möglichst schnell zu erreichen, weil das Verhalten aktuell für eine wichtige Aufgabe benötigt wird, kann es sinnvoll sein, dem Hund je nach Lerntyp entgegenzukommen. Wird er gezielter in das gewünschte Verhalten geführt oder gelockt, dient das Klickertraining dazu, die Bereitschaft zu fördern, sich darauf einzulassen. Wichtig ist, dass der Schüler nicht gezwungen wird, sondern selbst bestimmt, wie weit er sich traut. Nur so kann er mit einem positiven Gefühl an die Aufgabe herangehen. Die Führung durch den Menschen wirkt in diesem Fall wie eine Stütze. Gerade ängstliche Hunde können hiermit etwas aus der Reserve gelockt werden und lassen sich teils schneller auf die neue Aufgabe ein.

 

Klicker und Futter als Trainingswerkzeug

Beim Klickertraining geht es weniger um eine «Methode», die für sich allein steht. Es handelt sich eher um ein Werkzeug, mit dem das Training einfacher und effektiver gestaltet werden kann. Doch beim Gebrauch eines Werkzeugs kommt es – wie so oft – auf die Handhabung an und auf das technische Know-how. Vergleichen Sie dies mit verschiedenen handwerklichen Techniken. Beispielsweise wollen Sie rasch etwas anschrauben und haben gerade kein passendes Werkzeug zur Hand. So setzen Sie die Schrauben erst mal von Hand und drehen sie so weit wie möglich hinein. Oft reicht das ja auch schon aus. Um noch etwas weiter zu kommen, nehmen Sie vielleicht eine Zange. Das ist für die Schraube zwar nicht optimal, aber das Ziel – fest angeschraubt – kann damit noch etwas besser erreicht werden und reicht für Ihre Bedürfnisse.

Klar, mit einem Schraubenzieher wäre es geschickter, da sind wir uns einig. Nun wird Ihnen von einem Bekannten ein Akkuschrauber angeboten. Damit ginge das noch viel leichter von der Hand. Doch wenn Sie sich noch nicht mit der Technik vertraut gemacht haben, kann es hier zu diversen Unfällen kommen. Sie rutschen ab und beschädigen das Material, das Sie anschrauben wollen. Der Aufsatz sitzt nicht richtig und Sie wissen nicht, wie man ihn befestigt. Sie haben die Schraube zu tief versenkt und wissen nicht, wie Sie diese wieder zurückdrehen können. Sie schaffen es nicht die Geschwindigkeit anzupassen, um die optimale Schraubenhöhe einzustellen.

Je nachdem wird es Ihnen die Mühe nicht wert sein, sich mit dem Werkzeug auseinanderzusetzen und Sie verzichten auf die moderne Technik, verlassen sich lieber auf Ihre Hände. Schliesslich ist es noch denkbar, den Akkuschrauber einfach wie einen Schraubenzieher von Hand zu drehen. Das erfüllt den Zweck ebenfalls, auch wenn das nicht Sinn der Sache ist. Doch wenn Sie sich einmal mit der Technik vertraut gemacht haben und erkennen, wie viel einfacher es damit geht, greifen Sie sicher öfter darauf zurück, vor allem wenn es wieder mehr Schrauben sind, die Sie bearbeiten wollen.

Um Ihrem tierischen Begleiter etwas beizubringen, nutzen Sie auch erst mal das, was Sie bei sich haben und schauen einfach, wie weit Sie damit kommen. Mit Lob kann man schon so manches erreichen. Wenn es noch etwas besser sitzen soll, wird beispielsweise mit Schimpfen oder Leinenruck nachgeholfen. Letzteres ist für den Hund zwar ähnlich wie die Zange an der Schraube nicht optimal, aber das Ziel kann damit oft noch vermeintlich besser erreicht werden und Sie sind mit dem Ergebnis erst mal zufrieden. Leckerli könnten mit dem Schraubenzieher verglichen werden, hiermit werden die gewünschten Ergebnisse etwas schonender erzielt. Je nachdem wird das auf Dauer aber recht mühsam.

Jetzt komme ich hinzu und biete Ihnen den Klicker als Werkzeug an. Genauso wie beim Akkuschrauber werden Sie Ihre Mühe haben damit zu arbeiten, wenn Sie sich keine Zeit dafür nehmen, die Funktionsweise zu begreifen. Es braucht etwas Engagement, um sich mit der Technik vertraut zu machen und zu erkennen, wie dieses Werkzeug das Training erleichtern kann. Doch wenn Sie einmal den Nutzen erkannt haben, werden Sie zumindest in kniffligen Situationen gerne darauf zurückkommen.

Dennoch macht Klickertraining allein nicht glücklich. Klickertraining dient nicht dazu die soziale Interaktion mit Ihrem Hund zu ersetzen. Sie müssen nicht permanent auf dieses Werkzeug zurückgreifen und es wird auch nicht nötig sein, Klickertraining zu Ihrer Philosophie werden zu lassen, die sich durch das ganze Leben zieht. Lassen Sie einfach zu, dass dieses Werkzeug eine Bereicherung im Training sein kann, um manche Ziele sauberer, schneller und mit weniger Aufwand zu erreichen.

 

Vorstellung der Trainingstechnik

Das Training mit Klicker oder Markersignal dient dem exakten Erarbeiten erwünschter Verhaltenselemente.

  • Das verwendete Signal kündigt dem Tier zuverlässig eine Belohnung an, auch wenn diese zuvor nicht ersichtlich ist. So können die Tiere selbst in der Distanz prägnant für erwünschtes Verhalten bestätigt werden, die versprochene Belohnung erfolgt dann mit kurzer Verzögerung.
  • Mit dem Signal werden genau jene Bewegungen «markiert», die dem Ziel näherkommen und eine Belohnung wert sind. Nach einigen Wiederholungen versucht das Tier genau die Bewegung zu wiederholen, bei der das Markersignal ertönt oder erscheint. Die tatsächliche Belohnung erfolgt erst anschliessend und sorgt dafür, dass das Signal seine Bedeutung nicht verliert.
  • Die Verzögerung zwischen Markersignal und tatsächlicher Belohnung ist der Schlüssel zum effektiven Einsatz des Werkzeuges. Das Tier lernt über einen Umweg zur Belohnung zu kommen und agiert dadurch immer eigenständiger, ohne am Futterbeutel oder am Halter zu kleben.Der Klicker ist eine Art verbesserter Knackfrosch. Durch das Gehäuse wird der Ton lauter und ist so auch in grösserer Entfernung gut hörbar. Für das Training auf Distanz ist das ein Vorteil, beim Trainingsbeginn ist die Lautstärke dagegen oft nachteilig. Einige Hunde reagieren ängstlich auf das laute Knacken. Hier muss das Geräusch anfangs gedämpft werden oder ein leiser Klicker zum Einsatz kommen. Der Klicker hat aus diesen Gründen seine Berechtigung:
  • Das klare und kurze akustische Signal des Knackfroschs wirkt nachweislich besonders effektiv im emotionalen Zentrum des Gehirns. Das dürfte einerseits der Grund sein, warum Schussängste so leicht ausgelöst werden können, andersherum kann aber auch eine positive Konditionierung sehr leicht damit erreicht werden. Dies ist ein Grund, warum der Klicker als Trainingswerkzeug so effektiv ist.
  • Der zweite Grund ist, dass das Signal sehr kurz und prägnant ist, anders als Lobwörter wie «fein», «guuut» oder «super». Hierdurch kann eine Verhaltenssequenz exakter «markiert» werden, das kann man sich wie bei einem Fotoapparat mit der Belichtungszeit vorstellen. Eine lange Belichtung bringt unscharfe Bilder, je kürzer die Belichtungszeit, desto schärfer ist das Bild, vor allem wenn es darum geht Bewegungen abzubilden.
  • Das Klicksignal ist immer gleich und unterliegt damit keiner emotionalen Färbung. Entsprechend leicht ist es auch vom Redeschwall mancher Hundehalter abzugrenzen. So wirkt das Klicksignal eindeutiger als ein gesprochenes Wort.Ein Markersignal muss jedoch nicht zwingend ein Klicker sein! Jeder Reiz, der den oben genannten Anforderungen entspricht oder nahekommt, kann als Markersignal zum Einsatz kommen.
  • Bei Fischen wird beispielsweise häufig Licht als Markersignal eingesetzt.
  • Bei Delfinen sind vor allem klare Pfeiftöne im Einsatz.
  • Ich selbst nutze das Schnalzen mit der Zunge für die Arbeit in nächster Nähe oder ein sehr prägnantes Wort, das dem Klicksignal ähnlich ist und sich gut von anderen Wörtern abhebt.Wenn Wörter oder Pfeiftöne zum Einsatz kommen, sollten diese scharf abgegrenzt sein, damit sie im emotionalen Zentrum eindeutig zugeordnet werden. Hoch klingende Vokale wie «i, a, ü» sind tief klingenden Vokalen («o, u» vorzuziehen) In der Kürze liegt die Würze – dieses Sprichwort ist wichtig, um den Faktor «Belichtungszeit» optimal zu bedienen und «scharfe Bilder» zu bekommen. Markerworte sollten schnell und deutlich ausgesprochen werden, im «Stakkato» sozusagen. Wer dazu neigt, das «k» am Ende als «ch» auszusprechen, sollte sich besser eine andere Endung auswählen. Geeignet sind zum Beispiel folgende Markerworte:
  • Tüt, Tik
  • Dak, Det
  • Kat, Kik
  • Pip, Pat
  • Beliebige Kreationen sind möglich, wenn Sie die genannten Kriterien beachten. Eine Belohnung muss zudem nicht zwingend ein Leckerchen sein. Futter als Belohnung zu nutzen ist zwar am einfachsten, es kommen aber auch andere Belohnungsmöglichkeiten infrage. Wichtig ist nur, dass die ausgewählte Belohnung für den Hund auch wertvoll genug ist, um sein Verhalten zugunsten weiterer Belohnungen zu verändern. Im Detail gehe ich darauf im zweiten Teil dieser Reihe ein. Mit der Einstiegsübung auf Seite 40 können Sie sich und Ihren Hund mit dem Trainingswerkzeug vertraut machen. Viel Spass!
  • Text: Katrin Schuster

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geschrieben von:
Katrin Schuster

Katrin Schuster

Katrin Schuster (Jahrgang 1979) ist Tierverhaltenstherapeutin und gelernte Laborfachfrau für Veterinärmedizin (V-MTA). Als Dozentin für ethologische und veterinärmedizinische Themen gibt sie ihr breites Wissen an angehende Verhaltensberater, Tierheilkundige und Tiermedizinische Praxisassistenten in verschiedenen Schulen weiter. Neben der gesundheitlichen Abklärung bei Verhaltensauffälligkeiten liegen ihr die tiergerechte Haltung sowie der respektvolle und faire Umgang zwischen Tier und Mensch am Herzen. Katrin Schuster arbeitet mit Tierpsychologen, Fachtierärzten und Tierheilpraktikern eng zusammen.

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