Populationsgenetik – Auf den Hund gekommen 2/5

Wir interessieren uns in dieser Artikelreihe vor allem für den Erhalt unserer Hunderassen. Doch woher kommt der Hund eigentlich? Seit wann begleitet er uns? Und was wissen wir über seinen Stellenwert in unserer Geschichte? Archäologie, Kunstgeschichte, Geschichte und neuerdings auch die Genetik können uns interessante Hinweise auf die mögliche Entstehung des Hundes geben. Werfen wir einen Blick zurück, denn er ist faszinierend.

Text: Anna Hitz

Lange, lange, lange ist‘s her

1997 schrieb Hans Räber in einem Artikel des Magazins «WUFF», dass die Domestikation des Wolfes vor 14 000–15 000 Jahren, also in der mittleren Steinzeit, stattgefunden haben soll. Diese Zahlen beruhen auf archäologischen Funden, werden jedoch heute von Vincent Savolainen (einem schwedischen Molekularbiologen des Royal Institute of Technology in Stockholm) und seinem Team angezweifelt, denn es sei schwierig, die Schädel von kleinen Wölfen und domestizierten Hunden zu unterscheiden. Hingegen vermuten sie, dass der Hund schon seit über 100 000 Jahren mit dem Menschen zusammenlebt. Durch die mitochondriale DNA-Analyse des Y-Chromosoms konnten sie die genetischen Spuren bis nach Südostasien, genau genommen nach China südlich des Yangtse, zurückverfolgen. Bereits vor über 135 000 Jahren soll dort die genetische Abspaltung zwischen Wolf und Hund stattgefunden haben.

Vermutlich haben sich damals einige Wölfe den Menschen angeschlossen. Denn die Menschen waren sehr erfolgreiche Jäger. Jedoch konnten sie nicht alle Beute verarbeiten und mitnehmen. So blieben Abfälle liegen, wovon wiederum die Wölfe profitierten. Es ist zu bezweifeln, dass der Mensch den Wolf aus einer bestimmten Absicht zähmte. Wohl eher durch Zufall haben Wolf und Mensch im Laufe der Zeit den Vorteil einer solchen Symbiose erkannt. Der Mensch profitierte von der permanenten Wachsamkeit des Wolfes.

Sie machte es ihm möglich, erstmals ganze Nächte durchzuschlafen, was sich vermutlich positiv auf seine Sinnesleistungen auswirkte. Bestimmt wurde auch die Jagd gemeinsam einfacher und das gegenseitige Sich-Wärmen in kalten Nächten hatte für beide Parteien einen grossen Vorteil. Übrigens praktizierten die Aborigines diese Form des Wärmeaustausches im letzten Jahrhundert noch immer.

Diese den Menschen folgenden Wölfe spalteten sich wohl ohne direktes Zutun des Menschen von den wilden Wölfen ab und bildeten im Laufe der Zeit eine eigene Subpopulation. Es scheint plausibel, dass der neue Wolfshund sich so an eine neue Lebensweise, die andere Eigenschaften verlangte, angepasst hat. Dass der Wolf so anpassungsfähig war, erklärt man aus den Umständen, dass er damals neben dem Menschen das zweithäufigste Säugetier war. Er kam von ariden subtropischen Regionen bis zur Arktis in angepasster Weise vor. Zudem ist der Wolf ein hochsoziales Säugetier, das in Gemeinschaften lebt. Sein soziales Denken und Verhalten ist vermutlich dem des Menschen gar nicht so unähnlich.

Heute sind sich die Kynologen und Wissenschaftler einig, dass die Entwicklung des Homo sapiens zum «Homo digitalus» ohne den Hund nicht möglich gewesen wäre. So vermutet bereits Hellmuth Wachtel (Kynologe und Buchautor), dass es die Wachsamkeit und Schutzbereitschaft des Hundes war, die es dem Menschen ermöglichte, sesshaft zu werden. Dank ihnen konnten sie ihre nomadische Jäger- und Sammlerkultur aufgeben und zu sesshaften Bauern und Viehzüchtern werden. Wachtel folgert weiter, dass der Mensch durch den Umgang mit dem Wolfshund erst lernte, andere Tiere zu halten und daraus Nutztiere zu züchten. «Diese Menschen wurden durch ihren Umgang mit den Wölfen dafür selektiert, und bei den Wölfen wurde so der selektive Domestikationsprozess begonnen und fortgeführt. Also war das Ganze ein gegenseitiger Sozialisationsprozess, der sich zur (beiderseitigen?) Domestikation entwickelte.»

Lesen Sie den ganzen Artikel von Anna Hitz im Schweizer Hunde Magazin 2/2014.

Ihre Meinung interessiert uns – Kommentar schreiben


Name (erforderlich)

Webseite