Übergewicht bei Hunden ist weit verbreitet. Leider unterschätzen viele Tierhalter die Körperkondition ihres zu dicken Hundes. Auch wenn Aussenstehende das Problem sofort erkennen, ist es für den Halter nicht offensichtlich oder er weigert sich, der Realität ins Auge zu sehen.
In einer Studie konnte gezeigt werden, dass in der Schweiz rund 70 Prozent der Besitzer ihre Hunde als idealgewichtig bezeichnen, obwohl von diesen mindestens 50 Prozent zu schwer sind. Dabei ist klar von Übergewicht zu sprechen, wenn mindestens 15 Prozent des durchschnittlichen Idealgewichts der Rasse überschritten sind. Dies gilt nicht für kleinere Individuen einer Rasse, weil das durchschnittliche Idealgewicht dieser Tiere unter dem der normalgrossen Individuen liegt. Leider gibt es hierzulande keine exakten Zahlen, wie viele Hunde tatsächlich übergewichtig sind; man schätzt jedoch zwischen 20 bis 40 Prozent, bei manchen Rassen sogar 50 Prozent.
Dickleibigkeit ist bei Hunden vor allem ein Fütterungsproblem, für welches die Tierhalter verantwortlich sind, da sie ihre Tiere meist überfüttern oder zu wenig bewegen. Sehr häufig realisieren die Hundehalter den hohen Energiegehalt von Snacks und Zwischenmahlzeiten (zum Beispiel Schweineohren, Leckerli im Hundekurs) nicht, die zusätzlich zu den Hauptmahlzeiten verabreicht werden.
«Unschuldig» dick?
Es gibt in seltenen Fällen eine genetische Komponente oder in Einzelfällen hormonelle Unterfunktionen, die dazu führen, dass der Hund weniger Energie verbraucht, sodass es zu vermehrter Fetteinlagerung kommt. Die Futterverwertung beim Hund ist sehr individuell, wie bei uns Menschen auch, dennoch kann davon ausgegangen werden, dass die Fütterung, vor allem auch während der Aufzucht, einen Einfluss auf das Körpergewicht hat. Selbst wenn bei manchen Rassen eine genetische Veranlagung besteht, ist dies noch lange kein Grund, dass die Tiere dick werden müssen, wenn man sie richtig füttert.
Merke: Dick wird der Hund durch die Aufnahme von zu viel Futter, das heisst von zu vielen Kalorien.
Wenn man sich nicht sicher ist, ob der Hund tatsächlich zu schwer beziehungsweise zu dick ist, können Gewichtsangaben in Fachbüchern verwendet werden. Allerdings muss man darauf achten, dass diese mithilfe kundiger Fachpersonen erstellt worden sind. Um die Figur des Hundes richtig einzuschätzen, kann man auch sogenannte Body-Condition-Scoring-Systeme (BCS-Systeme) zur Hilfe nehmen. Bei dieser Methode kann der Besitzer neben der Gewichtskontrolle die Körperkondition durch Tasten und auch Begutachten des Ernährungszustands mit den Augen beurteilen. Es werden die Fettschicht über den Rippen, die Taille und auch der aufgezogene Bauch beurteilt. Die Rippen sollten bei einem idealgewichtigen Hund problemlos zu ertasten sein. Ideal wäre in diesem Schema ein BCS von 4 bis 5 beim Hund (siehe Abbildung).
Schädliche Last
Übergewicht ist für Hunde gesundheitsgefährdend. Es kann zu Gelenkserkrankungen, Kreuzbandrissen sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen und erhöht zudem das Risiko einer Tumorerkrankung. Auch Hauterkrankungen sowie eine Schwächung des Immunsystems können als Folge von Übergewicht auftreten. Die Lebenserwartung wird durch Übergewicht verkürzt. Laut einer Studie leben Labradore statt durchschnittlich 11 Jahre über 13 Jahre, wenn sie restriktiv, also kalorienreduziert, gefüttert werden.
Im Interesse des Tieres ist es wichtig dafür zu sorgen, dass es abnimmt und sein Idealgewicht erreicht. Wenn der Hund zu dick war und erfolgreich abgenommen hat, muss er zeitlebens kontrolliert ernährt werden. Es ist darauf zu achten, dass die Energiezufuhr so niedrig bleibt, dass der Hund sein Gewicht hält, aber alle anderen Nährstoffe wie Proteine, Mineralstoffe und Vitamine den Bedarf des Vierbeiners decken. Aus diesem Grund sollte bei Schlankheitskuren auf jeden Fall eine Fachperson wie der Privattierarzt oder eine fachkompetente Ernährungsberatung beigezogen werden.
Es gibt verschiedene Faktoren, die eine Gewichtszunahme beschleunigen können, zum Beispiel wenn der Hund älter wird und sich nicht mehr so viel bewegt. Dem kann mit einer kalorienreduzierten Fütterung vorgebeugt werden. Die Frage, ob kastrierte Hunde stärker zunehmen als unkastrierte, lässt sich folgendermassen beantworten: Kastrierte Rüden und Hündinnen neigen zu einer erhöhten Futteraufnahme, zusätzlich ist die körperliche Aktivität vermindert. Dies führt zu vermehrtem Fettansatz. Durch die Umstellung der Hormone kommt es scheinbar zu einer erhöhten Aufnahme von Futter oder/und zu einer Abnahme des Energiebedarfs, was jedoch rassespezifisch zu sein scheint. Es gibt Rassen, wie zum Beispiel Setter, die ihren Bedarf regulieren können.
Es gibt Studien, die zeigen, dass beispielsweise kastrierte Beagles im Vergleich zu unkastrierten tatsächlich zu Übergewicht neigen. Arbeitshunderassen blieben dagegen genau gleich, unabhängig davon, ob sie kastriert wurden oder nicht. Natürlich spielt hierbei die Nutzung des Hundes eine entscheidende Rolle. Des Weiteren spielt auch mit, dass die Besitzer von Arbeitshunden häufiger darauf achten, ihre Hunde nicht zu dick werden zu lassen, da die körperliche Belastung sonst zu hoch wäre und die Leistung darunter leiden würde.
Trotz allem: Reduziert man bei kastrierten Hunden die Energiezufuhr bei gleichbleibendem Angebot aller anderen Nährstoffe, sind kastrierte Tiere im Allgemeinen auch schlank ‒ die Besitzer müssen einfach darauf achten.
Richtiges Abnehmen
Wichtig beim Abnehmen und Erreichen des Idealgewichts ist, dass der Energiegehalt der täglichen Ration reduziert wird, alle übrigen Nährstoffe aber bedarfsdeckend in der Ration enthalten sind. Sonst fehlen wichtige Vitamine und Mineralstoffe. Ausserdem sollten die Hunde genügend bewegt werden, damit sie auch Energie verbrauchen können. Hier eignet sich bei hohem Gewicht zum Beispiel das Wasserlaufband. Hunde sollen nicht mehr als zwei Prozent und nicht weniger als ein Prozent Gewicht pro Woche verlieren (siehe Tabelle 1). Die Vierbeiner müssen mindestens einmal pro Woche gewogen werden.
Gewichtsverlauf für die Gewichtsreduktion mit dem vorläufigen Zielgewicht von 32 Kilo (Ausgangsgewicht 36,8 Kilo).
2 % Gewichtsreduktion | 1 % Gewichtsreduktion | |
Woche 1 | 36,1 kg | 36,4 kg |
Woche 2 | 35,3 kg | 36,0 kg |
Woche 3 | 34,6 kg | 35,7 kg |
Woche 4 | 33,9 kg | 35,3 kg |
Woche 5 | 33,3 kg | 35,0 kg |
Woche 6 | 32,6 kg | 34,6 kg |
Woche 7 | 32,0 kg | 34,3 kg |
Woche 8 | 33,9 kg | |
Woche 9 | 33,6 kg | |
Woche 10 | 33,3 kg | |
Woche 11 | 32,9 kg | |
Woche 12 | 32,6 kg | |
Woche 13 | 32,2 kg | |
Woche 14 | 32,0 kg |
Die Überfütterung mancher Hunde grenzt an Tierquälerei, vor allem wenn der Bauch schon am Boden entlang schleift oder Ähnliches und der Hund dadurch Verletzungen erleidet. Allein die unnötige Belastung für die Gelenke ist tierschutzrelevant. Leider gilt oft das Motto «Liebe geht durch den Magen», wodurch schon ein Zehn-Kilo-Hund schnell mal auf 18 Kilo kommen kann, weil er doch so herzig schaut. Auch Käse oder anderes vom Tisch bedeutet vor allem Energie. Diese müsste von der Hauptmahlzeit abgezogen werden, was aber meistens nicht getan wird.
Zu dünne Hunde?
Vielleicht fällt dem einen oder anderen auf, dass bisher nur von dicken Hunden gesprochen wurde; leider ist dies eher der Fall. Die Frage «Wann ist mein Hund zu dünn?» steht meistens nicht im Vordergrund, da es selten zu dünne Hunde gibt. Wenn die Vierbeiner tatsächlich zu dünn sind, leiden sie meist unter einer Krankheit, die behandelt werden muss. Zumindest sollte der Hund unterstützt werden, damit er genügend Energie und alle anderen Nährstoffe aufnimmt. Sonst sind wir in der tierärztlichen Ernährungsberatung sehr selten mit dieser Frage konfrontiert.
Auch hier kann das Body-Condition-Scoring-System oder das Gewicht zu Hilfe genommen werden, wobei ein schlanker Hund, der fit ist und sich normal verhält, keineswegs zu dünn ist. Er kann sich noch bewegen und im Hundesport entsprechend mit gutem Gewissen eingesetzt werden. Allerdings wird ein sehr schlanker Hund an keiner Ausstellung einen Preis gewinnen ‒ das ist die traurige Realität.
Text: Prof. Dr. med. vet. Annette Liesegang, Vetsuisse Fakultät Zürich, Institut für Tierernährung, www.nutrivet.uzh.ch