Im Bereich der Zootiere hat diese Trainingsform bereits vor langer Zeit Einzug gehalten. Seelöwen lassen sich bereitwillig Augensalben verabreichen, Nilpferde halten das Maul auf, während der Tierarzt die Zähne bearbeitet und Wildkatzen lehnen sich ans Gitter, damit eine Spritze gegeben werden kann.
Damit die Tiere sich dermassen stressfrei behandeln lassen, ist etwas Fleissarbeit nötig. Das gilt auch für Hunde. Doch das Training lohnt sich doppelt. Die Beziehung und das Vertrauen zwischen Tier und Halter werden massgeblich vertieft, die Kommunikation zwischen den beiden verfeinert. Tierarztbesuche und nachträgliche Behandlungen verlieren ihren Gruselfaktor.
Das Vertrauenskonto
Viele Hundebesitzer haben Bedenken, dass zwar das Training bis zu einem gewissen Grad möglich wäre, nach einer Ernstsituation mit möglicherweise schmerzhaften Eingriffen das Vertrauen jedoch wieder dahin ist. Die Trainerkollegin Anna Oblasser-Mirtl und Verhaltensbiologin Barbara Glatz bringen zur Entkräftung dieser Befürchtung die gelungene Idee des Vertrauenskontos ein, die ich gerne hier wiedergeben möchte.
Mit dem Medical Training werden die einzelnen Schritte für eine notwendige Untersuchung und Behandlung ritualisiert eingeübt. Mit jedem Trainingsschritt gewinnt der Hund dabei an Zutrauen und wir zahlen damit in sein «Vertrauenskonto» ein. Wenn hierauf sehr viel eingezahlt wurde, ist es möglich, auch etwas abzuheben, ohne gleich zu überziehen. Ein gewisses Guthaben wird noch drauf sein, mit weiteren Trainingslektionen können wir dieses erneut stabilisieren.
Wird der Vierbeiner also gewissenhaft auf eine Untersuchung oder Behandlung vorbereitet, kann es zwar möglicherweise leichte Rückschritte geben, wenn der Ernstfall auftritt. Durch das verbleibende Guthaben werden diese jedoch sehr schnell und mit wenig Aufwand wieder aufgefangen.
Eindrücklich durfte ich dies bei einer Shiba-Inu-Hündin erleben, die vor dem Medical Training bereits einige Horrorszenarien bei Tierarztbesuchen erlebt hatte. Nach wenigen Monaten Training trat der Ernstfall ein: Sie musste operiert werden. Gut vorbereitet wurde die Narkose gesetzt und die Hündin schlief noch im Trainingsmodus ein. Die Nachkontrolle zeigte, dass wir ihr Vertrauenskonto gut gefüllt hatten. Es brauchte nur wenig Auffrischung, um die Untersuchung durch den Tierarzt stressfrei zu ermöglichen. Vor dem Training war dies völlig undenkbar.
Die Kooperationsmatte und andere Kooperationssignale
Im Medical Training wird dem Hund ein Mitspracherecht eingeräumt. Er entscheidet, was er zulässt und was nicht. Um dies zu gewährleisten, lernt der Vierbeiner eine Position zu halten, solange er sich darin noch wohlfühlt. In dieser Position wird der Trainingspartner grosszügig und wiederholt belohnt. Verlässt er diese Position, verliert er zwar seine Belohnung, wird aber auch nicht weiter behelligt. (…)
Den vollständigen Beitrag können Sie in der Ausgabe 4/20 lesen.