Gruselfaktor Hundegeschirr

Von unseren Hunden wird vieles verlangt, was nicht in ihrer Verhaltensnorm enthalten ist. Teilweise steuern die Forderungen sogar gegen die genetischen Anlagen. Um die passenden Erziehungsmassnahmen zu finden, möchte ich Sie anregen, sich in Ihren Hund zu versetzen. Prüfen Sie, welche Vorteile ihm durch sein Verhalten entstehen und was es ihm bringen könnte, stattdessen Ihre Ideen umzusetzen. In dieser Serie erhalten Sie Anregungen, wie Sie das Verhalten Ihres Vierbeiners zu Ihren Gunsten beeinflussen können.

 

Vor knapp zwanzig Jahren wurden Hunde fast ausschliesslich am Halsband geführt. Geschirre wurden nur Zughunden und Fährtensuchern angelegt, die sich für ihre Arbeit ins Geschirr hängen sollten. So entstand der hartnäckige Glaube, dass man Hunden am Geschirr automatisch das Ziehen beibringen würde und nur das Halsband geeignet sei, den Hund das Laufen an lockerer Leine zu lehren.

Heute ist das Wissen über die Lerntheorien weit verbreitet, wenn auch immer noch nicht überall angekommen. Egal ob Halsband oder Geschirr, Hunde können an beidem lernen an lockerer Leine zu gehen, wenn das Training sinnvoll aufgebaut wird und auf die aversive Einwirkung des Führinstruments verzichtet werden kann. Dementsprechend werden immer mehr Hunde an einem «Gstältli» geführt. Viele Menschen möchten auf die aversive Einwirkung am Halsband verzichten und den oft nicht zu vermeidenden Zug, der an der Leine entsteht, auf die grössere Fläche des Brustkorbs verteilen. Nicht jeder Hund ist jedoch über diese eigentlich gut gemeinte Idee auch glücklich.

 

Konfliktpotenzial
Wenn es ans Geschirr anziehen geht, veranstalten zahlreiche Hunde im Konflikt wahre Tänze. Zwar lockt die Vorfreude auf den Spaziergang, auf das Geschirr wollen aber viele Hunde lieber verzichten. Möchten die Vierbeiner demnach doch lieber am Halsband geführt werden? Seien wir ehrlich, die meisten Hunde würden wohl am liebsten völlig frei herumlaufen und könnten gut auf jede Art der Einschränkung verzichten. Nur in wenigen Fällen scheint die Verbindung mit der Leine zum Mensch auch Sicherheit zu bieten.

Hunde verknüpfen aber selten den Zusammenhang von Halsband oder Geschirr und dessen Einwirkung, wenn Zug darauf kommt. Für die meisten ist vor allem der Moment des Anlegens entscheidend. Dieser Moment ist es, der von vielen Fellnasen als bedrohlich wahrgenommen wird. Einige Hunde empfinden zudem die Berührung des Materials am Körper als extrem unangenehm. Dies zeigt sich durch häufiges Reiben an Wänden, vermehrtes Wälzen mit Geschirr oder an einem durchhängenden oder aufgekrümmten Rücken beim Laufen.

Viele Halter entscheiden sich aus diesem Grund dann trotzdem wieder für ein Halsband, da der Hund dies wohl eher zu mögen scheint. Doch oft sind es ein paar Kleinigkeiten, die angepasst werden können, um das Anziehen und Tragen eines Geschirrs für den Vierbeiner angenehm zu gestalten und von der entsprechend sanfteren Einwirkung zu profitieren.

 

Mode versus Tragekomfort
Die Sensibilität am Körper ist je nach Individuum sehr unterschiedlich ausgeprägt. Während die einen durch jedes Dornengestrüpp stürmen und eine kleine Schramme gar nicht bemerken, bremsen andere schon ab, wenn eine einzelne Brennnessel den Weg versperrt oder die Wiese etwas pieksig ist.

Sehr robuste und unempfindliche Tiere haben in der Regel kein Problem damit, ein Geschirr zu tragen. Selbst wenn es nicht ganz optimal sitzt, fällt das dem ungeübten Auge kaum auf. Empfindliche Hunde reagieren dagegen oft extrem auf kleinere Unstimmigkeiten. Hier braucht es einfühlsame Menschen und teils auch etwas Ausprobierfreude, um der Ursache auf den Grund zu gehen und ein passendes Geschirr für den vierbeinigen Freund zu finden. (…)

 

Den vollständigen Beitrag können Sie in der Ausgabe 4/18 lesen.

geschrieben von:
Katrin Schuster

Katrin Schuster

Katrin Schuster (Jahrgang 1979) ist Tierverhaltenstherapeutin und gelernte Laborfachfrau für Veterinärmedizin (V-MTA). Als Dozentin für ethologische und veterinärmedizinische Themen gibt sie ihr breites Wissen an angehende Verhaltensberater, Tierheilkundige und Tiermedizinische Praxisassistenten in verschiedenen Schulen weiter. Neben der gesundheitlichen Abklärung bei Verhaltensauffälligkeiten liegen ihr die tiergerechte Haltung sowie der respektvolle und faire Umgang zwischen Tier und Mensch am Herzen. Katrin Schuster arbeitet mit Tierpsychologen, Fachtierärzten und Tierheilpraktikern eng zusammen.

4 Kommentare zu “Gruselfaktor Hundegeschirr

  1. Marcel

    Schöner Artikel zum Hundegeschirr.
    Bei unserem Hund gab es nie Probleme mit einem Hundegeschirr. Er wurde aber auch schon von klein auf daran gewöhnt.

    Antworten
  2. elema

    Gibt es Geschirr, die auch für. Hündinnen
    Unbedenklich sind, und nicht eventuell an die Zitzen reiben?

    Antworten
    1. Sandra Boucek

      Guten Tag
      Ich habe für meine beiden Hündinnen die Grossenbacher-Geschirre und noch nie Probleme bezüglich Brustwarzen.
      Am besten probieren Sie das Geschirr im Laden mit Ihrer Hündin aus, so können Sie sehen, wo und wie es am Körper Ihres Hundes es anliegt.
      Herzliche Grüsse
      Sandra Boucek
      Redaktion „Schweizer Hunde Magazin“

      Antworten
  3. Jens

    Gut geschrieben aus der Sicht des Hundes. Auch wir Hundehalter müssen uns erziehen, nicht nur unsere Hunde. 🙂

    Antworten

Ihre Meinung interessiert uns – Kommentar schreiben


Name (erforderlich)

Webseite