Der Wesenstest – Schreckensszenario für Hund und Halter

Der Wesenstest – Schreckensszenario für Hund und Halter

Hat ein Hund zugebissen, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass er zum Wesenstest antreten muss. Doch was beinhaltet dieser und was bedeutet das für ein Tier? Und wie aussagekräftig ist ein solcher Test überhaupt? Die Meinungen klaffen weit auseinander.

Um den Wesenstest kursieren viele Gerüchte. Tatsache ist, dass viele Kantone solche Tests anwenden, wenn es darum geht herauszufinden, wie gefährlich ein Hund ist. So will man abklären, ob er – eventuell unter Auflagen – gesellschaftstauglich ist. Im schlechtesten Fall wartet die Spritze auf ihn.

Grundsätzlich ist es normal, wenn ein Hund in Situationen, die für ihn bedrohlich erscheinen, Aggressionsverhalten zeigt. Das gehört zum natürlichen Sozialverhalten und zum Überlebenstrieb, der allen Instinkten übergeordnet ist. Hunde, die bellen oder knurren und somit vorwarnen, dürfen nicht einfach als gefährlich eingestuft werden. Und wenn man diese Zeichen ignoriert, die Bedrohung zu gross wird und ein Ausweichen unmöglich ist, bleibt dem Hund oft nur der Angriff, indem er seine stärkste Waffe – das Gebiss – einsetzt.

Verhaltensfachleute hegen grosse Zweifel

Über Sinn oder Unsinn von Wesens- respektive Verhaltenstests berichtet das «Schweizer Hunde Magazin» nicht das erste Mal (siehe www.hundemagazin.ch/Themen/Brisant). Während Biologen und Verhaltensmediziner an deren Aussagekraft erhebliche Zweifel anbringen, halten die Veterinärämter daran fest. Sie stehen unter Druck, denn sie tragen die Verantwortung für den Schutz der Bevölkerung. Bei den Aufgaben wird der Hund Reizquellen ausgesetzt, womit man sein Aggressionsverhalten beurteilen möchte. Vielerorts verwendet wird der Niedersächsische Wesenstest (siehe Seite xx). Dessen Palette reicht von normalen Alltagsbegegnungen bis hin zu konstruierten Extremsituationen.

Bei vielen Rasseclubs werden Wesenstests bei der Ankörung für Zuchthunde verwendet. Ziel ist es, rassespezifische Eigenschaften zu fördern. Wesenstests täuschen jedoch darüber hinweg, dass die Genetik nur ein kleiner Ursachenaspekt dessen ist, was ein erwachsener Hund zeigt. Zudem können die Hunde auf die Aufgaben hin trainiert werden. Die Aussagekraft über die Gefährlichkeit eines Hundes wird damit ziemlich gering.

Bei schweren Beissvorfällen (Kinder, Mehrfachbiss, unzulängliche Halterverhältnisse) werden Hunde oft beschlagnahmt und weggesperrt, ohne ihr gewohntes Umfeld und den Kontakt zu Menschen. Für den Hund bedeutet das zusätzlichen Stress. Es stellt sich darum die Frage, inwieweit ein Test mit einem solchen Hund, der womöglich noch von einer Fremdperson geführt wird, überhaupt aussagekräftig ist. (…)

Lesen Sie den ganzen Beitrag in der Ausgabe 5/16 des «Schweizer Hunde Magazins».

geschrieben von:
Roman Huber

Roman Huber

Roman Huber ist Publizist, Hunde- sowie Medienfachmann, hat zwei Hunde und unterstützt als Trainer seine Frau in deren Hundeschule. Er plädiert für eine faire Erziehung bzw. Haltung, die den Bedürfnissen und Möglichkeiten des einzelnen Hundes und dessen Menschen entspricht. Statt Methoden stellt er die individuelle Begleitung ins Zentrum und Lösungen, die auf Ursachenanalyse basieren sowie verhaltensbiologisch gesehen korrekt sind. www.dogrelax.ch.

Ein Kommentar zu “Der Wesenstest – Schreckensszenario für Hund und Halter

  1. Ingrid Blum

    Genialer Artikel, danke herzlich!
    Als ich vor 10 Jahren die Ausbildung zur «Verhaltensbeurteilung» abschloss, fragte ich mich, was wohl der vorgeführte Hund fühlen würde, wenn er im schlimmsten Fall 36 Übungen durchlaufen muss. Die Zweifel der Verhaltensfachleute kann ich nur zu gut verstehen und ich bin froh darüber, denn kaum eine der gestellten Situationen ist für Hundeverhalten im Alltag aussagekräftig.
    Jeder Hund kann durch falschen, tierschutzrelevanten, grobfahrlässigen und dummen Umgang seines unwissenden Halters gefährlich werden. Dies gilt es von Anfang an zu verhindern. Das beste Mittel dazu ist ein richtig verstandener und umgesetzter SKN, in welchem keine «Sitz-Platz-Fuss» Übungen definiert sind, sondern jedes Mensch-Hund-Team individuell dort unterstützt wird, wo es dies im Alltag gebrauchen kann. So ist es vom Gesetz her vorgesehen und dies macht Sinn. Prävention heisst, Hunde erst gar nicht in die Situation eines Verhaltenstests kommen zu lassen.
    Die Orientierung an vergleichender Verhaltensforschung der letzten 10 Jahre ist allerdings für Trainer und Halter ein Muss, damit ein respektvolles Miteinander möglich wird.

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