Barry unser National-Hund – Er starb vor 200 Jahren, der Mythos lebt weiter

Der Zauber von Barrys Heldengeschichten ist legendär. Die ganze Welt kennt sie und will Barry auf ihren Reisen durch die Schweiz auch sehen. Eine Alpenwelt ist ohne Barry kaum vorstellbar. Der Mythos von Gefahr, Abenteuer, Rettung, Unglaublichem ist noch immer lebendig. Der «aus dem Bauernstand» erhobene Held rennt noch heute mit der Rega um die Wette, zumindest lässt die Werbung nichts aus, was einen Hund zum Helden macht.

Text: Nadja Maurer

Fest verankert ist das erfolgreiche Markenzeichen – das Fässchen. Das Lebenswasser, hochprozentig abgefüllt von den Augustiner-Chorherren auf dem Hospiz. Hat Barry wirklich dieses Ungetüm am Kettenhalsband über den grossen St. Bernhard getragen? Hat er sich wirklich mühsam seinen Weg durch den meterhohen Schnee gebahnt und damit Leben gerettet?

Barry habe vierzig Menschen vor dem weissen Tod bewahrt und der einundvierzigste, ein napoleonischer Soldat, soll ihn mit einem Wolf verwechselt und getötet haben. Aber Barry ist 1814 friedlich in Bern gestorben. Wie er allerdings nach Bern gekommen ist und warum er im Naturmuseum ausgestopft wurde, bleibt Barrys Geheimnis. Es gibt keine Aufzeichnungen darüber, nur Spekulationen. Die abenteuerlichen Geschichten, die offenen Fragen, wie aus dem Bauernhund in Rot-weiss ein stattlicher, Lefzen schletzender Bernhardiner wurde, dazu könnte die Stimme von Barry nochmals neue Antworten geben.

Im Laufe der Zeit hat Barry nicht nur längere Beine und einen grösseren Kopf erhalten, nein die Geschichten über Wahres, Erfundenes und Geträumtes sind ebenfalls durch die Jahre länger, spannender und spektakulärer geworden.

Das Hospiz auf dem grossen St. Bernhard hat seit dem 11. Jahrhundert die Aufgabe, Menschen Schutz zu gewähren. Unabhängig vom Stand, der Nationalität oder der Herkunft bieten die Augustiner-Chorherren jeder Person bis zum heutigen Tag bei Gefahr in der Bergwelt kostenlos Bett und Tisch. Vorausgesetzt man ist zu Fuss. Zu Barrys Zeiten waren Söldner, Dienstboten und Tagelöhner unterwegs, um Arbeit zu suchen. Diese bunte Gesellschaft unter einem Dach ruhig zu halten, war keine einfache Aufgabe. Die ersten Hospizhunde dienten wahrscheinlich vor allem als Wach- und Schutzhunde. Mit der Zeit kamen Bergführer den Chorherren zu Hilfe. Ab Mitte des 17. Jahrhunderts nahmen diese Marroniers auf ihren Rettungen zu verschütteten, unterkühlten oder verirrten Menschen Hunde mit. Diese Hospizhunde hatten die Aufgabe, mit ihrem ausgeprägten Orientierungssinn Wege zu finden und diese zu pfaden. Zudem machten sie mit Gebell darauf aufmerksam, wenn sie erschöpfte und verschüttete Reisende gefunden hatten.

Der berühmte Knabenritt scheint jedoch aus heutiger Sicht eher dem Land der Märchen entsprungen zu sein, als dass Barry diese Heldentat tatsächlich hätte vollbringen können. Wer weiss, vielleicht ist die interaktive Inszenierung «Ruf Barry zu Hilfe» eine weitere Antwort auf Barrys Geheimnisse. Und in einem Hörspiel erzählen drei Bernhardiner aus ihrem Leben.

2005 hat die Fondation Barry in Martigny die Zucht von den Chorherren übernommen. Der heutige Bernhardiner hat allerdings mit den Hospizhunden von damals wenig Gemeinsames. Der Bernhardiner ist zu gross und schwer, um leichtfüssig und ausdauernd Rettungen zu vollbringen. Seine neue Aufgabe besteht zum Beispiel in Zermatt darin, als beliebtes Fotosujet für Touristen zu dienen; ausgestattet mit allen nötigen Accessoire vor beeindruckender Kulisse – dem Matterhorn.

In Martigny ist man eher bemüht, den gemütlichen, grossen Hund als Therapiehund für Kinder, alte Menschen oder Menschen mit Einschränkungen zu erhalten und zu fördern. Jeden Tag von fremden Händen gestreichelt zu werden und mit intimsten Gefühlen umzugehen, dies ist keinem Hund in die Wurfkiste gelegt.

Das Naturhistorische Museum Bern widmet dem Hundehelden eine eigene Ausstellung, in der die Herkunft des berühmten Hundes historisch aufgearbeitet wird. Die Ausstellung wird in grossen Bühnenbildern märchenhaft und dramatisch dargestellt. Sie zeigt die wahre Rolle, die Barry im Rettungswesen bei den Augustiner-Chorherren hatte. Sie zeigt Fakten und Fiktion aus der Geschichte und der Gegenwart. Zu sehen ist auch ein virtueller Flug über die Alpen, mit historischen Rettungsaktionen; Wölfe und Free Rider kreuzen darin Barrys Heimat. – Eine Wanderung zwischen den Welten.

Highlights der Ausstellung sind:

● Ein virtueller Flug durch die Alpen.
● Das Originalpräparat und der Originalschädel von Barry.
● In einem animierten Bild ist die Entwicklung der Schädelform von Barry bis zum heutigen Bernhardiner zu sehen.
● Die Inszenierung «Ruf Barry zu Hilfe».
● Das Hörspiel «Barry, ein Schönling und ein Therapeut».

Alle Infos zur Ausstellung unter: http://barry.museum

Hier können Sie den Artikel aus dem Magazin als PDF ansehen

geschrieben von:
Nadja Maurer

Nadja Maurer

Nadja Maurer ist seit 1998 praktizierende Tierhomöopathin SHS/BTS und seit 2003 als Referentin für Ethologie und Tierhomöopathie an verschiedenen Institutionen tätig; Schwerpunkt Pferd, Hund und Katze. Sie führt Einzelberatungen in Haltung und im Umgang mit Tieren durch. Zudem leitet sie Seminare zum Thema «Körperarbeit mit Gross- und Kleintieren». Seit ihrer Geburt ist sie umgeben von Katzen, Hunden und Pferden.

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