Umweltsünde: Eingetütete «Tretminen»

Hundekotbeutel gehören in den Abfall. Sie landen aber viel häufiger als andere Plastiktüten in der Umwelt. Lösen biologisch abbaubare Tüten das Problem? Oder verschärfen sie es?

Text: Andreas Krebs

Über eine halbe Million Hunde leben in der Schweiz. Im Durchschnitt produziert ein Hund pro Tag geschätzte 100 Gramm Kot. Das macht 50 Tonnen Hundekot pro Tag, was einem Tausendstel der Gesamtabfallmenge entspricht. «Hundekot ist Abfall und gemäss den abfallrechtlichen Vorschriften zu entsorgen », erklärt Michael Hügi vom Bundesamt für Umwelt (BAFU). «Hundekot ist aus seuchenhygienischen Gründen von der Kompostierung und Vergärung ausgeschlossen und wird verbrannt.» Theoretisch über 18 000 Tonnen pro Jahr. Gemeindeverwaltungen rechnen jedoch mit fünf bis fünfzehn Prozent liegen gelassenem Hundekot. Bei zwei Geschäften pro Tag und Hund macht das schweizweit 10 000 Häufchen pro Tag. Das sind 3,6 Millionen Häufchen pro Jahr. Ein Teil davon landet eingetütet in der Umwelt.

Eine Karte verdeutlicht das Problem

In Deutschland ist das Problem des «wild entsorgten» Hundekots ebenfalls gravierend. Der Hamburger Arne Krämer spricht von Hunderten Beuteln alleine auf seiner Joggingrunde. «Und aus dem Kanal fische ich immer wieder Hundekotbeutel. Die meisten werden aber nie aus den Gewässern herausgeholt.» Statt sich über die wilde Entsorgung nur zu ärgern, hat Krämer nach Lösungen gesucht und ist fündig geworden. Zum einen will er Hundehalter sensibilisieren. Mit der interaktiven Online-Karte «Poop Bag Map» (www.poopmap.de) verdeutlicht er, wie gross das Problem mittlerweile ist. Dazu sammelt er mit GPS-Daten hinterlegte Fotos von Hundekotbeuteln, die in der Umwelt gelandet sind. Über 5200 Fotos sind eingeschickt worden, vor allem aus deutschen Städten, aber auch aus San Francisco, London und Aarhus (Dänemark). Die Karte soll dereinst auch dabei helfen, die Standplätze von Mülleimern zu optimieren. Das wäre wohl die effizienteste Lösung des Problems.

Stärke statt Plastik

Krämer geht aber noch weiter. Bei seiner Recherche habe er herausgefunden, dass etwa 97 Prozent der Hundekotbeutel aus herkömmlichem Plastik (PE) bestehen, berichtet er. «Sie sind nicht abbaubar und können über viele Jahrzehnte ein Umweltproblem darstellen.» Deshalb habe er sich nach Alternativen umgeschaut – und sei so bei der Folag AG im luzernischen Sempach gelandet. Das Unternehmen stellt seit vielen Jahren Biokunststoffe und (konventionelle) Hundekotbeutel her. Wieso nicht beides kombinieren, dachte sich Krämer. Die Folag AG nahm die Idee auf und produziert nun seit knapp zwei Jahren biologisch abbaubare Hundekotbeutel, auch in der Signalfarbe Rot. Das soll die Hemmschwelle erhöhen, die Beutel wild zu entsorgen. Die «Bio-Hundekotbeutel» bestehen laut Krämer gut zur Hälfte aus Erdölprodukten. «Der Rest besteht aus nachwachsenden Rohstoffen, beispielsweise aus Mais oder Kartoffeln. Je nach Witterungseinflüssen und vorhandenen Mikroorganismen zersetzten sich die Bio-Beutel innerhalb mehrerer Wochen bis Monate.» Das sei vergleichbar mit Laub. Hundekot werde ähnlich schnell abgebaut. «Wir wollen mit dieser Argumentation aber nicht das Littering fördern, sondern dessen negative Auswirkungen auf die Umwelt reduzieren», betont Krämer.

Lesen Sie den ganzen Artikel von Andreas Krebs im Schweizer Hunde Magazin 7/2015.

geschrieben von:
Andreas Krebs

Andreas Krebs

Bevor er laufen konnte, beobachtete Andreas Krebs vor allem Schnecken, Käfer und Ameisen. Bald faszinierten ihn auch schnellere Tiere wie Katzen und Hunde. Heute ist er Journalist und schreibt vor allem Reportagen und Porträts über Themen aus den Bereichen Umwelt und Gesellschaft. So will er dem Leser die Wechselwirkung Mensch-Natur-Mensch bewusst machen. Ausserdem schreibt Andreas Krebs Biografien. www.aufrad.ch

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