Pheromone – Möglichkeiten und Grenzen

Was sind eigentlich Pheromone? Diese Frage stellt sich heute vielen Hunde-, aber auch Katzenhaltern, da der Einsatz von Pheromonen in der Behandlung verschiedener Verhaltensfragen immer gebräuchlicher
wird.

Text: Udo Ganslosser und Sophie Strodtbeck

Der Begriff «Pheromon» stammt ursprünglich aus der Zoologie. Dort wurden diese chemischen Signalstoffe erstmals an Schmetterlingsverwandten entdeckt. Der Sexuallockstoff einer ganzen Reihe von Arten dieser Insektengruppe war es, der zuerst die Aufmerksamkeit der Biochemiker fand. Letztlich wurden dort auch zum ersten Mal Pheromonfallen eingesetzt, um Schadinsekten in Waldstücken gezielt und grossflächig abzufangen. Damals wurden Pheromone noch sehr eng definiert. Die Vorstellung war, dass eine einzige, chemisch reine Substanz eine ganz klar definierte, als sogenanntes angeborenes Verhalten auslösbare Verhaltensantwort bewirken müsste. Inzwischen fanden sich Pheromone aber bei sehr vielen Säugetieren und die Pheromondefinition ist mittlerweile etwas weiter gefasst geworden.

Was sind Pheromone?

Unter Pheromonen versteht man eine Reihe von Chemikalien, die normalerweise in der innerartlichen Verständigung einer Tierart eingesetzt werden und bei der jeweiligen Tierart im emotionalen Teil des Gehirns (dem limbischen System) die Grundeinstellung zur Verarbeitung und Beantwortung bestimmter anderer Umweltreize und Situationen verändern. Pheromone schaffen Vorurteile, sorgen beim Empfänger für eine gewisse «Tönung seiner Brille» – entweder rosarot oder auch dunkel bis schwarz, etwa bei Alarmpheromonen. Pheromone ändern also die emotionale Grundeinstellung, aufgrund derer das Tier weitergehende Informationen tendenziell eher in die eine oder andere Richtung beantworten wird.

Das limbische System

Um Pheromone zu verstehen, muss man das Emotionssystem im Gehirn eines Säugetiers, wie es der Hund ja ist, kennen. Im Zusammenhang mit den für die Verhaltensbeeinflussung von Hunden und auch Katzen bisher eingesetzten, synthetisch gewonnenen Pheromonen können mehrere Emotionssysteme beeinflusst werden: Da ist zunächst das Panik- und Trauersystem, das beispielsweise eine der Ursachen für die übersteigerte bis krankhafte Trennungsreaktion von Hunden sein kann, die nicht allein bleiben können. Das Angst- und Furchtsystem wird aktiviert, wenn das Tier sich entweder einer unspezifischen oder einer genauer lokalisierbaren Bedrohung ausgesetzt sieht. Das Frustrations- oder Wutsystem wird aktiviert, wenn das Tier schlichtweg in seiner Selbstverwirklichung beeinträchtigt wird. Und das Pflegesystem wird aktiviert, wenn man einem netten und sympathischen Artgenossen gerne etwas Gutes tun möchte.

Das Jacobsonsche Organ

Aufgenommen werden Pheromone meist oder zumindest zum grössten Teil über das Jacobsonsche Organ, eine komplizierte Struktur am Munddach von Hund und Katze. Es handelt sich dabei um ein Paar Blindsäcke, die vom Munddach in Richtung der Nasenregion führen, an deren Ende sich die Rezeptoren (Bindungsstellen für bestimmte Signalstoffe) befinden. Durch einen komplizierten Mechanismus aus Schliessmuskeln, unterschiedlich stark durchbluteten Gefässen und einen besonders zähen und klebrigen Speichel kann es Substanzen einsaugen, binden und dann durch die umgekehrte Aktion des Schliessmuskelpumpsystems auch wieder auswerfen. Wir sehen das beim Flehmen, einer Verhaltensweise, die auch bei Katzen, aber vor allem bei Rindern, Hirschen und auch bei Kaninchen oder Nagetieren auftritt.

Lesen Sie den ganzen Artikel von Udo Ganslosser und Sophie Strodtbeck im Schweizer Hunde Magazin 6/2015.

geschrieben von:
Udo Ganslosser

Udo Ganslosser

Udo Ganslosser (*1956) ist Privatdozent für Zoologie an der Universität Greifswald. Am Zoologischen Institut Erlangen erhielt er 1991 die Lehrbefugnis. Udo Ganslosser ist unter anderem Lehrbeauftragter am Phylogenetischen Museum und Institut für Spezielle Zoologie der Universität Jena. Seit mehreren Jahren betreut er zunehmend mehr Forschungsprojekte über Hunde, seien es Haushunde oder Wildhundeartige. Dabei geht es vor allem um Fragen von Sozialbeziehungen und sozialen Mechanismen.

geschrieben von:
Sophie Strodtbeck

Sophie Strodtbeck

Sophie Strodtbeck (*1975) hat ihr Studium 2002 an der Ludwig-Maximilians-Universität München als Tierärztin abgeschlossen. Berufserfahrung sammelte sie in verschiedenen Praxen. Seit längerer Zeit ist sie in einer Hundeschule für tiermedizinische Belange zuständig und bietet zusammen mit Udo Ganslosser verhaltensmedizinische Beratungen an. Nebenher schreibt sie Artikel für diverse Hundezeitschriften und teilt ihr Leben derzeit mit vier eigenen Hunden.

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