Diese vierteilige Serie über die Neuropsychologie des Hundes gibt Einblicke in die Zusammenhänge der Verhaltensbiologie. Sie zeigt, in welcher Beziehung Kognition, Stress, Emotionen oder Lernverhalten stehen und welche vielschichtigen Faktoren für das Verhalten von Hunden eine Rolle spielen.
Text: Dr. Barbara Wardeck-Mohr
Wollen wir bei Hunden bestimmte Verhaltensweisen verstehen oder auch eine Verhaltensänderung herbeiführen, so müssen wir uns der «unsichtbaren Welt in ihrem Kopf» nähern und versuchen, diese in ihrer Komplexität zu begreifen. Dazu gehört auch zu verstehen, was angeborenes und was erworbenes Verhalten ist. Wie ist das Gehirn aufgebaut und wie werden Reize aus der Umwelt wahrgenommen und verarbeitet? In welchem Zusammenhang stehen Nervensystem und Verhalten? Wie überträgt das Nervensystem Informationen?
Die Wahrnehmung des Hundes
Für die Wahrnehmung sind viele Faktoren relevant, die das Verhalten entscheidend beeinflussen, zumal sie auch in gegenseitiger Wechselwirkung stehen. Hunde verfügen über ein «Multi-Kommunikationssystem », bei dem alle Wahrnehmungskanäle miteinander verknüpft sind, wie das Riechen, Hören, Sehen, Schmecken oder Tasten.
Olfaktorik (Geruchssinn)
Hunde haben mindestens 220 Millionen Geruchszellen. Einige Forscher gehen inzwischen sogar von 300 Millionen Geruchszellen aus. Und ein Hund, der riecht, fühlt auch! Somit ergeben sich für Hunde machtvolle Komponenten aus dem Riechen und Fühlen. Daran wird deutlich, wie gross der Zielkonflikt sein muss, wenn Hunde einen «Sinnesrausch » in der Natur erleben, wir als Menschen diesen aber kaum mitbekommen und weitergehen wollen …
Das Hören
Hunde hören im Bereich von 20 Hertz bis zu 60 000 Hertz, also auch im Ultraschallbereich. Ausserdem ist es ihnen möglich, vereinfacht gesagt, «das Innenohr auf Lautsprecher zu stellen» und dabei ein bestimmtes Geräusch herauszufiltern, das sie besonders interessiert. Hunde können Geräusche etwa 10 Mal besser orten als wir Menschen.
Das Sehen
Hunde sind ausgezeichnete «Bewegungsseher», auch in der Ferne oder bei Dämmerung. Dabei hat die Neurologin A. Haman festgestellt, dass Hunde mit langen Schnauzen besser im Fernbereich sehen als Hunderassen mit kurzer Schnauze, da die letztgenannten im Auge keine horizontalen Streifen mit Stäbchen besitzen. Dafür können diese Hunde über die «Area centralis» Nuancen im Nahbereich besser erkennen als langschnauzige Kollegen.
Das Schmecken
Hunde verfügen mit 1700 Geschmacksknospen über deutlich weniger als wir Menschen (etwa 9000). Riechen und Schmecken sind beim Hund eng verknüpft. Um zu schmecken müssen Hunde die verschiedenen Moleküle mit ihrem Speichel lösen. Sie besitzen vier Paar Speicheldrüsen mit verschiedenen Arten von Speichel für verschiedene Nahrungsarten. Ebenso haben verschiedene Bereiche der Zunge eigene Funktionen für das Schmecken, und alles wird neurobiologisch verknüpft.
Das Tasten
Von besonderer Bedeutung ist auch der vielfältige Tastsinn der Hunde. Sie können über Berührungen sowohl emotionale als auch soziale Kontakte aufbauen. Umgekehrt ist es uns möglich, über sanfte Berührungen messbar den Puls und die Atmung von Hunden positiv zu beeinflussen. Hunde können beispielsweise auch mit ihren Pfoten Vibrationen wahrnehmen oder mit ihren Tasthaaren (Vibrissen) im Gesichtsbereich entstehende Luftwirbel wahrnehmen, ohne überhaupt einen Gegenstand zu berühren. Etwa 40 % des für den Tastsinn verantwortlichen Gehirnabschnitts sind für das Gesicht zuständig. Wohl zu seinem Schutz und zugleich als ein «Frühwarnsystem». Hunde verfügen zudem über Tastrezeptoren für den oberen Hautbereich wie auch für tiefer liegende Bereiche.
Lesen Sie den ganzen Artikel von Dr. Barbara Wardeck-Mohr im Schweizer Hunde Magazin 2/2015.