Eins, zwei oder drei? – Mehrhundehaushalt

Von unseren Hunden wird vieles verlangt, was nicht ihrer Verhaltensnorm entspricht. Teilweise steuern die Forderungen sogar gegen die genetischen Anlagen. Um die passenden Erziehungsmassnahmen zu finden, möchte ich Sie anregen, sich in Ihren Hund zu versetzen. Prüfen Sie, welche Vorteile ihm durch sein Verhalten entstehen und was es ihm bringen könnte, stattdessen Ihre Ideen umzusetzen. In dieser Serie erhalten Sie Anregungen, wie Sie das Verhalten Ihres Vierbeiners zu Ihren Gunsten beeinflussen können.

 

Ein Hund ist kein Hund, zwei Hunde beleben den Alltag, drei Hunde sind schon fast ein «Rudel». Auf einen mehr kommt es dann eigentlich auch nicht mehr an. Oder wie sehen Sie das?

Es gibt zahlreiche Gründe für den Mehrhundehaushalt. Manchmal entsteht er ganz überlegt, oft hat es sich einfach so ergeben. Die Herausforderungen, die ein solcher mit sich bringt, werden aber nicht selten unterschätzt und übersehen. Sind die Hunde in der Gruppe dicke Freunde, ist das ganz prima für die Fellnasen. Doch dicke Freunde stecken sich auch gerne gegenseitig an und entdecken die Welt auf ihre Art. Der Zweibeiner steht dann nicht selten alleine da und muss um Beachtung buhlen. Sehr häufig sehen sich Artgenossen als Konkurrenten um wichtige Ressourcen – Ressource Mensch, Ressource Futter, Ressource Ruheplätze. Gehören die Artgenossen zum gleichen Geschlecht, kommt die Ressource Paarungspartner hinzu. Letztere wird zwar durch Kastration in der Regel gemildert, diese reicht aber nicht immer aus, um die Gemüter zu beruhigen.

Unterscheiden sich die Rassetypen der zusammengewürfelten Hunde, kann das auf der einen Seite Themen abmildern, aber auch ganz neue Themen schaffen. Letzteres passiert vor allem dann, wenn die Vierbeiner sich aufgrund rassetypischer Eigenschaften in Missverständnisse verwickeln, die sich immer weiter hochschaukeln. Am Schluss sind das Alter und der Entwicklungsstand der Vierbeiner ausschlaggebend für die Harmonie in der Wohngemeinschaft. Eine Gruppe Welpen ist noch ganz nett, eine Gruppe pubertierender Junghunde dagegen kaum zu bändigen. Ein Mehrgenerationenhaushalt bringt – je nachdem – etwas Stabilität in die Gruppe. Sicher ist allerdings nichts von alldem.

 

Gleich und gleich gesellt sich gern

Zahlreiche Hunde blühen im Kontakt und Sozialspiel richtig auf, wenn sie auf den gleichen Rassetypus treffen. Hüte- und Treibhunde, schlappohrige Jagdhunde, typische Hofhunde wie Bernhardiner, grosse Sennen- und Herdenschutzhunde, Windhunde und Podencos, diese und andere Rassetypen entsprechen verschiedenen Zuchtzielen im Verhalten, die über viele Generationen hinweg, zusammen mit der Optik, heraus selektiert wurden. Die Verhaltensspezialisierung wirkt sich nicht nur auf die Nutzung der Hunderassen aus, viele der selektierten Eigenschaften zeigen sich auch im Sozialverhalten und in den Interessen der Vierbeiner. Mit den folgenden Beispielen möchte ich Sie anregen, genauer hinzusehen. Viele Konflikte unter Hunden entstehen durch unterschiedliche Bedürfnisse aufgrund unterschiedlicher Verhaltensausprägungen.

Das Hüten und Treiben der hierfür gezüchteten Rassetypen wird in starker Übertreibung auch im Spiel und bei Kontaktaufnahmen gezeigt. Lauern, mit Blicken verfolgen und in der Bewegung ausbremsen ist das Hobby dieser Hunde, das sie gegenüber allen «Objekten» zeigen, die sich hierfür zu eignen scheinen – so auch andere Hunde. Was Hütehunde untereinander gut nachvollziehen und entsprechend deuten können, wirkt auf andere Hunde sehr bedrohlich und provoziert Furcht oder Aggression als Antwort.

Retriever-Typen sowie andere Apportier-, Stöber- und Schweisshunde wurden grösstenteils aus ehemaligen Meutehunden heraus selektiert. Neben der jagdlichen Veranlagung wurde bei diesen auf Verträglichkeit in grossen Gruppen Wert gelegt. Distanzlosigkeit und Körperlichkeit im Sozialkontakt sind diesen Hunden grösstenteils geblieben, teils wurde die Eigenschaft zugunsten der «Familientauglichkeit» sogar explizit weiter selektiert. Das Verhalten bleibt in vielerlei Hinsicht kindlich. Erwachsene Hunde anderer Rassetypen sind damit schnell überfordert und verlangen Respekt und Distanz. Dies ist wiederum für Hunde mit kindlicher Veranlagung nur schwer nachvollziehbar und birgt Potenzial für Missverständnisse. (…)

 

Den vollständigen Beitrag können Sie in der Ausgabe 6/18 lesen.

 

geschrieben von:
Katrin Schuster

Katrin Schuster

Katrin Schuster (Jahrgang 1979) ist Tierverhaltenstherapeutin und gelernte Laborfachfrau für Veterinärmedizin (V-MTA). Als Dozentin für ethologische und veterinärmedizinische Themen gibt sie ihr breites Wissen an angehende Verhaltensberater, Tierheilkundige und Tiermedizinische Praxisassistenten in verschiedenen Schulen weiter. Neben der gesundheitlichen Abklärung bei Verhaltensauffälligkeiten liegen ihr die tiergerechte Haltung sowie der respektvolle und faire Umgang zwischen Tier und Mensch am Herzen. Katrin Schuster arbeitet mit Tierpsychologen, Fachtierärzten und Tierheilpraktikern eng zusammen.

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