– eine differenzierte Auseinandersetzung
Das Training mit positiver Verstärkung nimmt immer mehr zu, was ich sehr befürworte. Das Training mit Markersignalen ist ein wichtiger Bestandteil davon und sorgt dafür, dass lerntheoretische Kenntnisse bewusster in den Umgang mit Hunden einfliessen. Doch wird die positive Verstärkung auch oft unreflektiert in den Himmel gelobt, während die Arbeit mit Strafe als völlig indiskutabel und tierquälerisch verteufelt wird. Meist liegt die Wahrheit in der Mitte. Hiermit lade ich Sie zu einer differenzierteren Betrachtung der verschiedenen Lerngesetze ein.
Konditionierungsvorgänge
Klassische Konditionierung
Ein Signal kündigt ein bevorstehendes Ereignis zuverlässig an. Die emotionale Reaktion auf das Ereignis wird schon durch die Ankündigung hervorgerufen und nicht erst durch das Ereignis selbst.
- Klassische Konditionierung passiert einfach und findet im Unterbewusstsein statt. Durch klassische Konditionierung werden vor allem Emotionen und automatische, reflexartige Handlungen abgerufen, die nicht bewusst gesteuert werden.
- Ein typisches Beispiel für die klassische Konditionierung ist die freudige Erwartungshaltung, wenn die Futterschüssel in der Küche klappert.
- Aber auch Angst, Stress und Meideverhalten können klassisch konditioniert werden. So zeigen Hunde, die unangenehme Erfahrungen mit dem Tierarzt gemacht haben, beispielsweise die ersten Stresssymptome, wenn sie die Praxis vor sich sehen.
- Bei der Konditionierung eines Entspannungssignals wirkt ebenfalls die klassische Konditionierung.
- Operante Konditionierung (auch instrumentelle)
- Bei der operanten Konditionierung lernt der Hund, dass gewisse Verhaltensstrategien lohnend sind und andere nicht. Er nutzt sein Verhalten als «Instrument», um an ein Ziel zu gelangen.
- Lohnend wird dabei jeweils das Verhalten definiert, das dem Hund eine wichtige Ressource (Futter, Sozialpartner) näherbringt oder ihn davor schützt, Schaden zu nehmen (gestört oder verletzt zu werden, Verlust einer Ressource).
- Nicht lohnende Verhaltensweisen werden eingestellt. Lohnende Verhaltensweisen werden dagegen abgespeichert und in einer ähnlichen Situation erneut abgerufen.
- Diese Lernform basiert auf dem Lernen durch Versuch und Irrtum und wird im Gegensatz zur klassischen Konditionierung bewusst gesteuert. Der Vierbeiner probiert also aus und kann hierdurch ganz neue Strategien erlernen, um sich ein Ziel zu sichern.
- Diese Lernform wird im Tiertraining gezielt genutzt, um das Verhalten der Tiere so zu formen, dass es unseren Anforderungen entspricht. Jedes Gehorsamstraining basiert auf dieser Lernform, aber sie findet auch ganz unbeabsichtigt statt, wenn gerade nicht trainiert wird.Klassische und operante Konditionierung fliessen permanent ineinander und lassen sich oft nur schwer abgrenzen. So bedingt jeder Erfolg eine kleine Hochstimmung, die direkt mit der Situation klassisch konditioniert wird und Zuversicht schürt. Genauso findet bei einem Misserfolg, der die Emotion Frust oder Angst hervorruft, eine klassische Konditionierung statt und bewirkt beim nächsten Mal in der gleichen Situation mehr Zurückhaltung.
- Belohnung und Strafe – Werkzeuge für die operante Konditionierung
- Es werden in der Theorie gesamthaft vier Werkzeuge beschrieben, die es ermöglichen, das Tierverhalten zu formen. Ganz allgemein muss dabei klar sein, dass jedes Werkzeug, welches eine Verhaltensänderung bewirken soll, das Tier in einen gewissen Stress versetzen muss. Stress ist vereinfacht gesagt der Motivator, um eine Verhaltensänderung zu bewirken. Damit ein Verhalten wiederholt gezeigt wird, sollte der Stressor immer dann wegfallen, wenn das erwünschte Verhalten auftaucht. Wurde die Situation erfolgreich bewältigt, wirkt dieser Stress als Eustress, das heisst als eine kurze Aktivierung mit angenehm empfundenem Abschluss. (…)
Den vollständigen Beitrag können Sie in der Ausgabe 6/20 lesen.