Der Rhodesian Ridgeback

Kein Hund für jedermann

Text: Annemarie Schmidt-Pfister

Trotz des entbehrungsreichen Lebens, das er einst in seiner Heimat geführt hat, ist der Rhodesian Ridgeback tief in seinem Innern gar nicht der harte Bursche, als der er oft erscheint oder von Nichtkennern der Rasse dargestellt wird. Er ist weder ein «Sklavenjäger», noch passt er zu dem unsäglich dummen Bild des «Weissen Jägers», der mit seiner Stiefelspitze auf den «Big Five», Löwe, Leopard, Elefant, Nashorn und Büffel, posiert. Im Gegenteil: Er hat ein sensibles Gemüt und einen klugen Kopf. Kadavergehorsam ist ihm fremd – er hat über Generationen gelernt mitzudenken. Was schön ist – ein Zusammenleben aber nicht immer ganz einfach macht!

Aus dem 16. Jahrhundert kennen wir Berichte von portugiesischen Seefahrern über «Hottentotten-Hunde, denen das Haar auf dem Rücken verkehrt wuchs» und «die an Schakale erinnerten», aber «überaus brauchbar und treu ihren Herren dienten und einen wilden Mut vor Löwen zeigten». Als später Engländer und Buren das damalige Rhodesien besiedelten, führten sie auf ihrem Treck Gebrauchshunde mit, die aus Kreuzungen mit diesen «Hottentotten-Hunden» entstanden waren und von denen viele einen auffälligen Rückenkamm trugen.

Auswahl der Besten

Als der Grosswildjäger Cornelius van Rooyen sich um 1880 zwei dieser Ridge-tragenden Hunde, Powder und Lorna, von dem Missionar Charles Helm auslieh, war ihr Einsatz als Wach- und Jagdhunde so erfolgreich, dass sich die Farmer und Jäger um deren Nachkommen rissen. Dies war die eigentliche Geburtsstunde der Rasse, die vorerst «Lion Dogs», später dann «Pronkrugs» (Prunkrücken) und ab 1926 Rhodesian Ridgebacks genannt wurde. Auf der Jagd war es Aufgabe der Hunde, zu dritt oder viert den Löwen aufzuspüren und abzulenken, bis der Jäger zum Schuss kam. Deshalb mussten die «Lion Dogs» ausdauernd und mutig, aber auch vorsichtig, schnell und wendig sein. Wer es nicht war, hatte keine grosse Lebenserwartung. Es war eine natürliche Auswahl der Besten. Bis heute hat sich der Ridgeback dieses vorsichtige Auf-Distanz-Gehen bewahrt.

Weder Modehund noch Statussymbol

1922 gründete der Postmeister Francis R. Barnes in Bulawayo/Südrhodesien einen Zuchtclub, der den Standard nach dem Muster der Dalmatiner erarbeitete; 1926 wurde er international anerkannt. In der Folge verbreitete sich der Ridgeback über den ganzen südafrikanischen und ostafrikanischen Raum und kam im Gefolge heimreisender Weisser in den Vierziger- und Fünfzigerjahren auch nach Europa und Amerika, wo ihn anfangs kaum jemand haben wollte. Inzwischen hat er so viele Anhänger gefunden, dass Rassekenner die Entwicklung mit Sorge verfolgen: Der Rhodesian Ridgeback mit seiner naturverbundenen Geschichte und seinem mimosenhaften Wesen, vereinigt mit urwüchsiger Kraft und einer rechten Portion Selbstsicherheit, eignet sich nämlich so gar nicht als Modehund; und in die Hände von unerfahrenen Hundehaltern gehört er ebenso wenig wie in die Hände jener, die ein modisches Statussymbol suchen, das zum neuen Auto passt.

Farbe wie ein reifes Ährenfeld

In der Regel ist es das Erscheinungsbild des Rhodesian Ridgeback, das einen zuerst einnimmt: ein stattlicher, muskulöser und dennoch eleganter Hund mit weizenfarbenem Kurzhaarfell und einem merkwürdigen Fellstrich auf dem Rücken. Dieser sogenannte Ridge ist das Markenzeichen der Rasse: Er beginnt laut Standard direkt hinter dem Schulterblatt mit der «Box» (siehe Foto) und reicht in einem sich verjüngenden Kamm von Haaren, die in die entgegengesetzte Richtung wachsen, bis zu den Hüfthöckern, wobei zwei Haarwirbel (Crowns) links und rechts symmetrisch platziert sind. Vor allem aber ist es der Blick des Rhodesian Ridgebacks, der einen gefangennimmt. Ein Blick, der gleichzeitig distanziert-unverwandt und herausfordernd-würdevoll ist und den Wunsch weckt, diesen Hund zum Freund zu haben.

Ein guter Ridgeback zeigt viele Facetten von Schönheit: Er ist gross, aber nicht molossoid, kraftvoll, aber nicht plump, elegant, aber nicht zierlich.

Das Erscheinungsspektrum innerhalb der Rasse ist breit – entsprechend dem Erbe der vielen europäischen Hunderassen (vom Airedale über Mastiff, Greyhound, Pointer und Setter bis zum Bloodhound), die von den weissen Kolonialherren in den Ur-Typ des Khoi-San-Hundes eingekreuzt wurden. Wichtig indes ist das gesunde Mittelmass: Der Rhodesian Ridgeback soll kein Hund der Extreme, sondern in Erscheinung und Eigenart ausgewogen und harmonisch sein – «sound», wie die Pionierzüchter es nannten.

Lesen Sie den ganzen Artikel von Annemarie Schmidt-Pfister im Schweizer Hunde Magazin 6/2014.

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