Das schmutzige Geschäft mit Rassehundewelpen – Belgien, eine Hochburg in Sachen Vermehrerbetriebe

 

Massenzüchtungen von Hunderassen unter widerlichen Umständen sind in verschiedenen Ländern als sogenannte Hundefabriken oder auch Vermehrerbetriebe bekannt. Belgien gilt als wichtiger Umschlagplatz auf der Tour von Ost- nach Westeuropa, aber auch dort gibt es Vermehrer, die ihr Unwesen treiben. 

Ungarn, die Slowakei und Tschechien sind unter anderem bekannt für sogenannte Hundefabriken oder auch Vermehrerbetriebe. Von Belgien hört man dagegen wenig. Doch in dem von der Schweiz nur rund 400 Kilometer entfernten Land werden ebenso unter widerlichen Umständen Hunde als Massenprodukte «hergestellt». VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz Schweiz berichtete im Dezember 2016 über die Aufdeckung eines ominösen Welpenhändlers in Belgien. Der Handel läuft vielfach übers Internet. VIER PFOTEN bezeichnet ihn als blühendes, hochkriminelles und brutales Geschäft.

«Das Erwerben auf Klick verursacht das Leiden von Tausenden von Tieren, die unter furchtbaren Bedingungen gehalten und in Massenproduktionen gezüchtet werden», sagt Lucia Oeschger von VIER PFOTEN. Im Land würden Hunde auch in Zoohandlungen legal verkauft. Um den illegalen Tierhandel zu stoppen, lancierte die internationale Tierschutzorganisation in mehreren Ländern die Kampagne «Tatort Internet». Bereits über 150 000 Unterschriften sind zum Schutz der Tiere gesammelt. «An den hohen Unterstützerzahlen können wir ablesen, dass der illegale Handel mit Welpen und anderen Tieren auch in der Öffentlichkeit Besorgnis erregt», sagt die Kampagnenleiterin von VIER PFOTEN Schweiz. Die Tierschutzorganisation fordert die grossen Schweizer Onlineplattformen auf, eine Vorbildfunktion zu übernehmen und umfassende Sicherheitsmassnahmen für die auf ihren Seiten gehandelten Tiere zu übernehmen. Besonders wichtig für den Tierschutz im Internet sei eine verpflichtende Verkäuferverifizierung oder die Verankerung von tierschutzspezifischen Paragrafen in den Nutzerbedingungen der Plattformen.

Export und Heimlieferung

Vor Ort in Belgien gehört Sandra Wucherpfennig als Vorsitzende zum Team der Tierhilfe Belgien VZW und setzt sich gegen das Elend ein. «In Belgien züchten die meisten Vermehrer ihr Tiere in ehemaligen Kuh- oder Schweineställen und halten die Tiere in engen, monotonen Zwingern oder Plastikboxen», sagt Wucherpfennig. Meist handle es sich um reinrassige Hunde. Aber auch sogenannte Boomer-Hunde, ein Mix aus zwei Rassen, seien gefragt. «Diese Hunde sollen als Welpen einfach nur niedlich und knuddelig aussehen», sagt Wucherpfennig. In den meisten Betrieben würden mehrere Rassen zugleich auf engstem Raum, ohne Tageslicht, sozialen Kontakt und mit schlechter Futterqualität gehalten. Die Hunde hätten niemals Wiese unter ihren Pfoten gespürt. Bis zu 1200 Elterntiere sind hier keine Seltenheit.

Diese Bedingungen werden vertuscht. Stattdessen blenden die Händler ihre Kunden, indem sie mit grossen Zuchterfahrungen und schönen Videos werben. Verkauft wird sogar in den Export und als Heimlieferung ‒ was nicht nach kurzer Zeit einen Abnehmer findet, wird getötet oder die Tiere landen in Tierheimen. Diese seien komplett überfüllt und adoptiert würden solche Tieren selten. Zudem dürfen in Belgien heimatlose Tiere laut Gesetz nach fünfzehn Tagen getötet werden. Einen Grund für diese Handlung finden diese immer.

Es geschieht alles legal

«Eine Zuchthündin wird so lange ausgebeutet, wie sie produziert», sagt Wucherpfennig und spricht von sechs bis acht Jahren. Sie sah aber auch schon Hündinnen mit einem Alter von gut über zehn Jahren. «Die ausgedienten Hündinnen sind völlig ausgezehrt und oft schwer krank.» Krank sind aber meist nicht nur die Elterntiere: Für Wucherpfennig und ihr Team ist es immer wieder schrecklich, wenn trotz kostenintensiver Klinikaufenthalte den kleinen geretteten Tieren nicht mehr geholfen werden kann. «Mitanzusehen, wie diese Wesen nur geboren wurden, um kurz danach zu sterben, ist fürchterlich.» Wucherpfennig spricht von jährlich rund 150 000 Neuregistrierungen von Hunden. Es gebe Schätzungen, nach denen alleine die Internetplattform «Animals Express» rund 40 000 Hunde pro Jahr verkaufe. Und das ist nur einer der ominösen Anbieter. Sie kennt eine Liste mit über 55 in Belgien bekannten Vermehrern.

Mit viel Zeit und Geduld Vertrauen gewinnen

Seit sieben Jahren ist das Team der Tierhilfe Belgien VZW gegen das Unheil aktiv. «Wir wollen für eine Veränderung der misslichen Verhältnisse kämpfen und fordern ein europäisches Tierschutzgesetz, das das sinnlose Töten und Vermehren von Tieren verbietet», so Wucherpfennig. Mit Aufklärungsarbeit in der Öffentlichkeit über die Missstände und dem Retten von Tieren setzt die Organisation sich tatkräftig ein. Das fünfköpfige Team nimmt sich ausgedienter Hunde an, versorgt sie tierärztlich und ist bestrebt, ihnen nach der Genesung ein liebevolles Zuhause zu suchen. «Die Tiere sind anfangs immer völlig verängstigt und es braucht viel Zeit und Geduld, um ihr Vertrauen zu gewinnen», sagt die Mitarbeiterin der Non-Profit-Organisation. Das erstaunt sie nicht: «Die Tiere haben ihr Leben lang nichts gesehen und keinerlei sozialen Kontakt erfahren.» Verhaltensstörungen sind die Folgen. Haus- und Stubenreinheit kennen sie nicht. Ebenso fremd sind ihnen Spaziergänge oder überhaupt Tageslicht. Das Behandeln von Parasiten wie beispielsweise Flöhen, Würmern, Milben und Giardien ist für das Team an der Tagesordnung. Viele Hündinnen leiden an Tumoren in der Milchleiste. Entzündungen der Gebärmutter sind keine Seltenheit. Auch spricht Wucherpfennig von Augenentzündungen bis zur Blindheit, weil keine Behandlung stattfand. Durch Spenden kann das Ganze zum Teil finanziert werden.

Ohne Nachfrage keine Produktion

Trotz all des Elends haben die Behörden kein offenes Ohr für das Leiden der Tiere. «Das Schlimme ist, es ist alles legal, so wie es hier läuft – und wenn mal was nicht ganz in Ordnung ist, wird von Polizei, Veterinäramt und Regierung halt weggeschaut», so Wucherpfennig. Trotzdem werden entdeckte Vorfälle jedes Mal an die Behörden weitergeleitet. «Leider wischt die Regierung in Belgien alles unter den Tisch und die Betreiber können auf einfache Weise ihre Taten leugnen», sagt Wucherpfennig. Für sie gibt es nur eine Erklärung: An den Steuern für Zubehör, an der Registrierung und dem Mikrochip, den Tierarztkosten und so weiter verdienen diese alle. Tierschützern hingegen werde das Leben schwer gemacht. Sie rät inständig, keine Welpen über Onlineanzeigen ohne genauere Abklärung der Herkunft zu kaufen. «Schon gar nicht von Vermehrern und als Billigwelpen», sagt Wucherpfennig. Ein ominöser Händler biete oft mehrere verschiedene Rassen an. Besteht man auf die Besichtigung der Elterntiere, stösst man auf Widerstand und Verweigerung. Für Wucherpfennig ist ganz klar: «Erst wenn es keine Nachfrage mehr gibt, werden auch keine Welpen mehr produziert.»

 

Text: Daniela Ebinger

 

 

In Kürze

Sogenannte Vermehrerbetriebe, auch Hundefabriken genannt, sind Betriebe, in denen Hunde verschiedener Rassen nur des Profits wegen «gezüchtet» werden. Hündinnen müssen ihr Dasein als Gebärmaschinen fristen. Um Gewinn zu bringen, müssen sie so viele Würfe wie möglich produzieren. Um die Produktion am Laufen zu halten, werden die Welpen schon nach wenigen Wochen von der Mutter getrennt. Die Tiere werden meist unter widerlichen Umständen gehalten. Krankheiten und Verhaltensstörungen sind daher keine Seltenheit. Einige Betriebe halten bis zu 1200 erwachsene Tiere ‒ das ist in Belgien legal.

 

Helfen Sie!

Unterschreiben Sie die Petition gegen den Internet-Welpenhandel:

www.petdeception.org/de/homepage

Weitere Infos und Spendenmöglichkeit:

www.tierhilfe-belgien.de

 

Hier können Sie den Artikel aus dem Magazin als PDF ansehen

geschrieben von:
Daniela Ebinger

Daniela Ebinger

Daniela Ebinger ist Fotografin und freie Journalistin in verschiedenen Bereichen. Tiere und Natur liegen ihr besonders am Herzen. Die 44-jährige ist nebst anderen Tieren mit Hunden aufgewachsen und bot später Hunden im Freundes- und Familienkreis immerzu einen Ferienplatz. Doch erst als ihre drei Mädchen aus den Kinderschuhen herausgewachsen waren und ihr nebst den Pferden wieder genügend Freiraum blieb, fand ihr erster eigener Hund einen festen Platz bei ihr. Die Labrador-Jack Russel Hündin hat in der Familie einen wichtigen Stellenwert. www.fotovariatio.ch

4 Kommentare zu “Das schmutzige Geschäft mit Rassehundewelpen – Belgien, eine Hochburg in Sachen Vermehrerbetriebe

  1. B. Heim Schweiz

    Ich bin entsetzt über die Haltung der Behörden!!
    Ich bin für meinen 16jährigen Enkel auf der Suche nach einem Labradoodle in Deutschland. Es ist recht schwierig, eine gute Zucht herauszufinden, um nicht so verbrecherischen Individuen behilflich zu sein. Wir selbst haben einen Berner Sennenhund und schätzen einen guten Züchter!

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  2. Yasmin

    Wenn mir jemand sagt, man liebe Tiere, dann liebt man sie auch. Unter Liebe verstehe ich, dass kein Tier getötet, ausgebeutet oder gehalten wird! Wie oben beschrieben, dass die Hunde in ehemaligen Schweine- und Rinderställen gehalten werden, zeigt, wie egal den Hundehaltern aber andere Lebewesen sind (also Schweine und Rinder). Schweine leben ihr ganzes (kurzes) Leben so und da wird keine Träne vergossen, nicht mal beim Kauen eines Massentierhaltungsschnitzels. Oder beim Verfüttern einer Hundefutterdose. Ein bewusstes Nachdenken über Handlungen wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung. Tierliebe heißt: Ein Tier in seinem natürlichen Lebensraum leben zu lassen. Sklaverei und Tötung hat nichts mit Liebe zu tun! Gier (nach Geld, nach mehr Nahrung, nach Erfolg, für ein „besseres“ Image) macht den Menschen zu einem Lebewesen, das abstumpft. Hinzuzufügen ist noch, dass der Satz: „Wir haben schon immer Fleisch gegessen/verfüttert, Hunde gehalten/gezüchtet…“ kein Argument darlegt und deswegen nichtig ist. Wir haben auch Jahrhunderte Sklaverei betrieben (und noch heute wird es getan). Gedanken machen, bevor man handelt.

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  3. Silke

    Zum 2. Mal hatte die sogenannte „Tierhilfe Belgien“ Besuch von der Polizei. Nachdem schon einmal 40 vernachlässigte Hunde beschlagnahmt wurden, waren es nun 100 Tiere, die in einem kleinen Haus im Dunkeln gehalten wurden. Lt. dem Bgm von Lanaken ist das der grösste Fall in Flandern von Tierquälerei.
    ZZ. wird geprüft, wieviele gestohlene Hunde darunter sind.

    https://www.tvl.be/nieuws/100-honden-in-beslag-genomen-in-lanaken-veel-kandidaten-om-er-eentje-te-adopteren-134078

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  4. Kasja

    Es ist alles so grausam und es ist festzustellen, daß es immer nur ums Geld geht. Gier frisst Hirn, habe ich neulich mal gelesen. Wie treffend. Mit zu berücksichtigen ist leider aber auch, daß Tiere als „Sachen“ gesehen werden. Rechtlich keine Handhabe. Tiere, die Lebewesen sind und durchaus Gefühle haben. Es hat mich viel Energie, meinen Job gekostet, einer verwahrlosten, auf sich allein gestellten, als Gebärmaschine mißbrauchten Biewer Hündin zu helfen. Ich hatte einen langen Atem, auch dem Veterinäramt gegenüber. Mit Erfolg. Aber der beste Lohn und das wertvollste war die Liebe und Dankbarkeit dieser guten Seele.

    Aus Beobachtungen und Erfahrungen muß ich aber leider auch erwähnen, daß eine Vermittlung von Tieren aus dem Tierheim oder Tierschutz, sich as sehr schwierig erweist. Generell scheint es nur Hausbesitzern vorbehalten zu sein, die natürlich nicht berufstätig sein sollten, einen Hund aus dem Tierheim aufzunehmen. Wer den Anforderungen nicht entspricht, hat Pech gehabt.
    Bei Katzen sieht es nicht anders aus. Zeit, Balkon, Garten, Zweittier. Traurig. Und somit wird der Billigwelpenkauf nur gefördert.

    Meiner Nachbarin, welche Rentnerin war und sich alleine fühlte, war es unmöglich eine Katze aus dem Tierheim zu bekommen, mit der Begründung, sie könne ja nicht mehr lange leben. Was dann mit der Katze? Unfassbar, oder?

    Auch angeblich seriösen Züchtern kann man nicht mehr trauen, weil sie Rassetypische billig Welpen dazu kaufen und als, aus eigener Zucht, verkaufen. Von den Preisen ganz zu schweigen.
    Die Schutzgebühr lag vor einigen Jahren noch bei 250,- €, heute nennt man es z.T. „Aufwandsentschädigung“ ( muß man sich mal auf der Zunge zergehen lassen) und liegt bei 500,- €. So wird das nichts, ein Rattenschwanz ohne Ende, so verkommen die Gesellschaft.

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